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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Franz Schubert

Wandererfantasie, Klavierstücke

Michael Endres

Oehms Classics/harmonia mundi OC 731
(73 Min., 8/2008) 1 CD

Wie sagte es einst der Mann aus Königsberg, der das Städtchen nie verließ und doch die Welt besser erkundete als viele, die sie bereisten: Genie, das ist das Talent (oder auch die Naturgabe), welches der Kunst die Regel gibt. Beschaut man nun die Komponisten, die in der Musikgeschichte eine wegweisende Rolle gespielt haben, so fällt einem bei Kants Diktum vor allem (neben Mozart und Beethoven) der Schubert Franz ein. Er gab die Regel für die Kunst, nicht sie ihm. Schubert war Anarchist wie die beiden Genannten, und ebenso muss er, natürlich bei genauer Lektüre, verstanden werden. Pianisten wie Swjatoslaw Richter, Alfred Brendel und Radu Lupu haben das in ihren Interpretationen glaubwürdig und mit der gebotenen Individualität vermittelt: Sie ließen Schubert seine Phantasie, die die Phantasie eines Wanderers immer war, mal lachend, mal weinend. Michael Endres sucht dem Ideal in seiner neuesten Aufnahme nachzueifern. Aber er steht vor der unüberwindlichen Hürde der Exaktheit. Alles in seinem Spiel ist exakt, selbst die Rubati, die er absichtlich über den Taktstrich hinwegdehnt, sind es. Er lässt den Schubert einfach nicht los, was man weniger in solchen Stücken wie der sogenannten "Grazer Fantasie" und den 13 Variationen über ein Thema von Hüttenbrenner hören kann, die das Anarchistische zugunsten des Melodisch-Fließenden, Ländlerhaften zurückdrängen, aber umso mehr in den so arg zerrissenen posthumen Klavierstücken D 946 und in der Wandererfantasie. Das ist alles sehr ordentlich ausformuliert, und auch so ausgedrückt, aber eben vor allem: ausgedrückt. Es ist hölzern, überakzentuiert. Das Schweben Schuberts, das ja ein Schweben über den Dingen ist, man hört es schlicht nicht. Man hört Klavierspiel, das vorgibt zu fliegen und doch nur den dramatischen Impuls an den Hörer weiterleitet. Doch genau das will der Hörer ja nicht: belehrt werden. Der Hörer will eben das tun, was Schubert tat: Schweben. Und das darf er hier nicht.

Tom Persich, 05.12.2009


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Kommentare

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Eine unsinnige Kritik ! Die Cd erhielt den angesehenen Diapason d\'Or im November 2009 in Frankreich und erhielt Hoechstwertungen in Fanfare Im Januar 2010,dem wichtigsten Magazin der USA,wo die CD auf eine Ebene mit Brendel und Pollini gestellt wurde.Desgleichen rezensierte Peter Cosse in Klassik Heute die CD mit absoluten Hoechstwerten. Hoelzern ?Zu exakt? Solange Rondo Kritiker wie Herrn Persich zur Feder greifen laesst,dem es an elementarstem Musikverstaendnis fehlt (trotz elegant gewundener Saetze),solange ist dies kein wirklich ernstzunehmendes Klassik Magazin. Peter Bergmann,Hamburg


Herr Pfirsich hat hier tief formuliert,ich habe mirch-als heiter-ahnungsloser Interpret-am schuetteren Kopf gekratzt und das wars dann auch schon.
Das Schweben des Schubert und des Herrn Persich--hier wird\'s Ereignis !!
Von ganz unten,wo ich seit einiger Zeit Gott sei Dank residiere(Neuseeland), enbiete ich einen unterthaenigen Gruss an den gestrengen Richter.Nehmt es nicht uebel,ich kann nicht besser !!
Scardanelli


Bravo Herr Bergmann! Ich kann ihnen in allen Punkten ihrer Meinung nur zustimmen! Ich finde Rondo eigentlich sehr gut - leider häufen sich in letzter Zeit solche \"Kritiken\" von echten \"Fachleuten\" aus der Rondo Redaktion! Hoffentlich denkt Rondo darüber nach - ansonsten werden viele Leser dieses Magazin nicht mehr nur als kostenlos empfinden!


Ich habe die CD aufgrund der erstklassigen Rezensionen gekauft welche diese CD durchweg erhielt.Die Interpretation ist farbig,flexibel (Endres hat preisgekroent ja auch alle Sonaten und alle 400 Taenze auf CD vorgelegt) und gerade bei der Wandererfantasie eine Offenbarung.So sehen das auch internationale Rezensionen wie etwa Fanfare (USA),welche die CD in die erste Liga der erhaeltlichen Versionen ruckt. Warum Rondo glaubt einen pseudointellektuellen,in zweitklassigem Feuilleton Stil gehaltenen Beitrag drucken zu muessen ,der derartiges musikalisches Unverstaendnis offenbart,ist mir nicht klar.Verschieden Meinungen ,ja,aber Qualitaet derartig zu ignorieren ist ihres Magazins nicht wuerdig.


Ich habe Herrn Endres als vorzueglichen Pianisten kennengelernt.Nicht nur ist er ein erstklassiger Schubert Interpret (die von Herrn Persich beanstandete CD erhielt den Diapason d\'Or im November 09 in Frankreich),sondern er hat auch unter anderem eine eindrucksvolle Aufnahme des Ravel Gesamtwerks sowie aller Mozartsonaten vorgelegt. Herr Persich scheint zu der in Deutschland oftmals anzutreffenden Spezies jener Kritiker zu gehoeren die ihre erschuetternde Ahnungslosigkeit in grosse Eloquenz und bombastischen Ueberbau (Kant ) kleiden.Eine schwache Leistung von Rondo.


Ich glaube kaum dass es sich lohnt Herrn Persichs Kommentar im Detail zu kommentieren. Ich habe die besprochene CD jedenfalls mit grossem Genuss vernommen und wenn man eines sagen kann betreffs des Schubert von Endres auf dieser Disk dann dies: sein Formbewusstsein und sein kantables Legato stehen ausser jedem Zweifel.


Tom Persich, von allen Mannschaftskollegen nur „Keiler“ gerufen, spielt bereits seit 2006 Fußball für Germania Schöneiche. Doch manch ein Bürger von Schöneiche weiß vielleicht gar nicht, was da für ein Fußballspieler mit der Rückennummer 33 für die Germania die Töppen schnürt: Ein Spieler, der 51 Jugendländerspiele für die DDR bestritten hat, für Halle und Union im Europapokal aufgelaufen ist, mit Union im DFB-Pokalfinale gestanden hat und mehrere Jahre in der 2. Bundesliga aktiv war.


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