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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Un jour si blanc

François Couturier

ECM/Universal 2702689
(60 Min., 9/2008) 1 CD

Nach den ECM-obligaten 5 Sekunden Stille ertönt mit festem und doch melancholisch verhaltenem Anschlag ein dunkler, lang ausklingender Akkord in dreifacher Wiederholung, scheu antwortet der Diskant, um schließlich einen traumhaft trägen, harmonischen Fluss in Gang zu setzen, der immer wieder aufs Neue lichte Reflexe auf seiner Oberfläche tanzen lässt. So beginnt die Solo-CD des französischen Jazzpianisten François Couturier. Mit ihr setzt er eine Trilogie fort, die dem Werk des russischen Filmregisseurs Andrei Tarkowski gewidmet ist. Couturier ist von dessen poetisch assoziativer Auffassung von Zeit tief beeindruckt, davon, wie sie die herkömmlich diskursive Erzählweise mit einer gewaltigen Bildersprache sprengt. Als Ausgangspunkt seines Solovortrags aus 17 weitgehend improvisierten Stücken und Miniaturen dient ihm das kurze Gedicht "Weißer Tag" von Tarkowskis Dichter-Vater Arseni, das dem Album auch den Titel gab. Es evoziert mit fast spröder Reduktion den glücklichen Moment, in dem sich der Zauber von Geborgenheit und Schönheit der Natur vermittelt. Couturier bleibt über die ganze Stunde seines Recitals dem daraus abgeleiteten assoziativ wirkenden Duktus treu, den schon die ersten Töne beschworen. In Analogie zu Arseni Tarkowskis Poesie und Andreis Filmsprache verzichtet er auf jazztypische Erzählformeln und jazzig Zeit strukturierenden Puls. Und doch ist sein Spiel nicht einfach mäandrierendes Rhapsodieren, dazu ist es zu asketisch und von einer inhärenten Form geprägt, die ohne die Solovorbilder eines Martial Solal oder auch Keith Jarrett nicht denkbar wäre. Couturier beschreibt sein Vorgehen als einen Musik gewordenen Gang durch einen Tag in einer Welt der perfekten poetischen Entsprechungen, einer Welt, die von ihm verehrte Künstler wie Rimbaud, Kandinsky oder Bach bevölkern. Stimmungen und Künstler werden zum Teil auch in den Titeln benannt. Wie sehr das nun das Hören befördert, bleibt eine Streitfrage der Programmmusik. Hier jedenfalls verzaubert die Musik mit oder ohne inhaltliche Vorgaben.

Thomas Fitterling, 03.04.2010


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