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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Scirocco

Wanja Slavin

JazzWerkstatt/Records Vertriebsges. JW 072
(62 Min., 6/2007) 1 CD

München, war das nicht die Idylle des eher konventionellen modernen Jazz mit Tendenz zu klüngelhafter Selbstisolation? Neutönerisches überließ man da gerne und zunehmend trotzig neidvoll der neuen Hauptstadt. Für die Generation der Musiker um die 30 ist das Schnee von gestern. Ein aktuelles und besonders schönes Beispiel dafür ist das Wanja-Slavin-Quintett mit Médéric Collignon. Diese Truppe aus verschiedensten deutschen Landen und dem Gast aus Frankreich ist das Ergebnis einer langen gemeinsamen Suche des Münchner Saxofonisten Wanja Slavin und seines Produzentenfreundes Manfred Frei. Bei einem Workshop in der Toskana erwies sich die Chemie der Beteiligten für ein "neues, innovatives, vielleicht sogar avantgardistisches Projekt" (Frei) als stimmig. Das Personal spricht für die Musik: Saxofonist Slavin ist der junge Unerschrockene, ein Bewunderer von Ornette Coleman und Steve Coleman. Sein Münchner Freund, der Embryo-Veteran Karsten Hochapfel, bedient im krausen Wechsel Cello und Gitarre, der Sachse Ronny Graupe sorgt durchgängig für E-Gitarren-Sperrfeuer, der Köln-Bonner Robert Landfermann ist ein ausgebuffter Groover am Kontrabass, der Günther-"Baby"-Sommer-Schüler Christian Lillinger sorgt für den angesagten Berliner Hau am Schlagzeug, und Médéric Collignon, der Star der Pariser Szene – mit 40 der Senior der Gruppe – macht mit verqueren Vokalisen und abgedrehten Don-Cherry-Melismen auf der Taschentrompete dieses Projekt vollends zum Ereignis. Hier wird nicht einfach gejammt. Alle Beteiligten schreiben gerne komplexe, anspielungsreiche Stücke und freuen sich diebisch, dass sie auch die irrwitzigsten Passagen virtuos vital umsetzen können. Über eine Stunde lang lässt der Energie-Tonus nicht nach. Mächtig treibt dieser Scirocco so manchen Plunder durch skurrile Gassen. Heiß und kalt wird’s dem Hörer dabei, je nachdem um welche Ecke er selber gerade kommt. Diese Band, diese Musik ist eine Wucht.

Thomas Fitterling, 10.04.2010


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