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N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Thomas Larcher

Böse Zellen, Still, Madhares

Till Fellner, Kim Kashkashian, Quatuor Diotima, Münchener Kammerorchester, Dennis Russell Davies

ECM/Universal 476 3651
(66 Min., 8/2008 u. 7/2009)

2006 bekam Thomas Larcher vom Klavier-Festival Ruhr den genau formulierten Auftrag, mit seinem Klavierkonzert zumindest von der Besetzung her auf eines der opernhaft-dramatischsten Konzerte Mozarts zu reagieren. Heraus kam aber kein gespiegeltes Es-Dur-Konzert KV 482, sondern das knapp halbstündige Werk "Böse Zellen". Und einmal mehr stellte der Österreicher Larcher damit unter Beweis, wie sich angesichts eines ungemein ernsthaft gestalteten Stil-Pluralismus die Wahrnehmungsplatten nachhaltig verschieben können. Dafür setzt Larcher in den vier nahtlos ineinander übergehenden Sätzen nirgendwo bekannte Orientierungspunkte, die auf eine Rückkehr der Postmoderne schließen lassen könnten. Larcher schöpft vielmehr das Reservoir bestehender, musikalischer Konfliktpotentiale aus, um sie in subkutan hochdramatische und hörbar disparate Klangwelten zu verwandeln. Der Mozart'sche Orchesterkörper mit seinen Blech- und Holzbläser-Gruppen wird somit lediglich zum Sprungbrett in ein ganz und gar verunsicherndes Psychogramm, in dem Kräfte und Energien des Verzagens, der Resignation, der Einsamkeit herrschen. Und wenn Till Fellner gemeinsam mit dem vom Widmungsträger Dennis Russell Davies geleiteten Münchener Kammerorchester gespenstische Tonrepetitionen in den präparierten Flügel hämmert, verdoppelt sich die elementare Spannung dieses Klavierkonzerts.
Unter ganz anderen Vorzeichen ist die archaische Suggestivität in "Still" für Bratsche und Kammerorchester sowie im Streichquartett "Madhares" ausgebildet. Die beiden mit "Fließend" bezeichneten Sätze von "Still" konfrontieren verunsichernde Ruhepole mit aufreibenden Pulsschlägen. Das fünfsätzige "Madhares" ist dagegen eine vom Quatuor Diotima mal wildzerklüftet, mal einnehmend entspannt angegangene Gedankenreise zu fernen Sehnsuchtsorten wie Kreta und Nepal. Und wie so oft bei Larcher ist auch dies Musik, die einen lange beschäftigen wird.

Guido Fischer, 26.06.2010


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