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N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Thomas Tallis, John Taverner, William Byrd, Robert White, John Sheppard

Puer natus est. Tudor Music For Advent and Christmas

Stile Antico

harmonia mundi HMU 807517
(78 Min., 1/2010)

Das einstimmige gregorianische Choralrepertoire und die kunstvolle Vokalpolyphonie der Renaissance sind heute – weit über ihre einstige rein liturgische Bestimmung hinaus – geradezu der Inbegriff meditativer, besinnlicher Musik. Die Choralgesänge ziehen den Hörer durch die ihnen eigene seltsame Melange aus Schlichtheit und Kunstfülle in den Bann; die Chormusik präsentiert sich auf mehrstimmiger Basis ähnlich bipolar: Harmonisch erleben wir vor allem eine scheinbar gleichförmige Folge reiner Dreiklänge, in milde Spannung versetzt durch expressive Vorhaltsdissonanzen. Melodisch jedoch kommunizieren die eigenständigen Stimmen des Satzes auf höchst kunstvolle und komplexe Weise miteinander; sie imitieren sich fortwährend gegenseitig und zitieren nicht selten gregorianische Melodieabschnitte.
Eine Melange aus Schlichtheit und Kunstfülle mag auch als interpretatorisches Ideal für solche Musik gelten. Einerseits ist ein unprätentiös vibratofreier, klarer Stimmeinsatz gefordert, mittels dessen sich der Einzelne rückhaltlos in den Gesamtklang einordnet. Andererseits muss jeder einzelne Sänger zwecks durchsichtiger Gestaltung der komplexen Partituren ein hohes Maß an Umsicht und Aufmerksamkeit mitbringen. Das englische Vokalsolistenensemble Stile Antico versteht es, diese Zutaten in eine perfekte Balance zu bringen: Ausgewogenheit, Homogenität und Intonationsreinheit bereiten den erfahrenen Sängern offenbar keine Probleme – sie benötigen nicht einmal die Kontrolle eines Leiters oder Dirigenten, sondern reagieren ganz unmittelbar, "kammermusikalisch" aufeinander.
Ihre neue CD mit englischer Musik aus der späten Renaissancezeit enthält Hochkarätiges von den größten Meistern der Zeit: Thomas Tallis' siebenstimmige Messe "Puer natus est", die den gregorianischen Introitus des ersten Weihnachtstages auf raffinierte Weise verarbeitet, bildet den prachtvollen Rahmen. Propriumsgesänge aus William Byrds "Gradualia" setzen dazwischen charakteristische, scharf konturierte Akzente, ein Magnificat von Robert White und eine ungemein dichte Vertonung des Johannes-Textes "Verbum caro factum est" von John Sheppard bereichern zusätzlich dieses großartige Programm, das dieses Jahr hoffentlich so manches Weihnachtsfest niveauvoll bereichern wird.

Michael Wersin, 30.10.2010


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