hänssler classic CD 93.259
(71 Min., 3/2002 & 1-2/2010)
Schumann mit Michael Gielen? Eine Überraschung ist diese Aufnahme allemal, denn die romantische Sinfonik galt bislang nicht unbedingt als Spezialgebiet des 83-jährigen Dirigenten. Gleichwohl zeigen die Aufnahmen der "Rheinischen" wie der C-Dur-Sinfonie, dass Gielen auch hier durchaus etwas Eigenes zu sagen hat: Sein Schumann besitzt einen überraschend lebensfrohen Grundton. Das Blech klingt hier durchweg schlank, die agilen Streicher entfalten oft einen beethovenschen Elan, statt bloß auf sinfonische Wucht und Hochglanz setzt Gielen auf Durchsichtigkeit. Damit liegt Gielen durchaus auf der Linie von Interpreten wie Gardiner, Herreweghe und Dausgaard, die Schumanns Sinfonien mit den Mitteln historischer Aufführungspraxis durchlüftet haben. Nur dass der Altmeister etwas gelassener zu Werke geht und bei langsameren Tempi mehr Raum für lyrische Stimmungen lässt – was der "Rheinischen" ausgesprochen gut bekommt. Der aggressive Gestus, mit dem sie etwa Dausgaard zuletzt auflud, ist bei Gielen ins Spielerische abgemildert, motivische Ideen sind nicht Durchlauferhitzer eines rastlosen Vorwärtsdrangs, sondern werden eher zwanglos beschwingt miteinander verknüpft und bereiten so schon die entspannte Stimmung der malerischen Binnensätze vor. Die C-Dur-Sinfonie hingegen klingt bei Gielen fast wie Beethovens Erste – quirlig das Scherzo, von melodieseliger Eleganz und Innigkeit das Adagio, mit augenzwinkernder Festlichkeit das Finale. Schumann für Optimisten.
Jörg Königsdorf, 13.11.2010
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