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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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What A Beauty Being

Silke Eberhard

Jazzwerkstatt/Collector's Mine JW 103
(56 Min., 2/2010)

Ist die in den USA übliche Praxis, bei Musikern auf ihre geographische Herkunft zu verweisen, verwegen bei einer Silke Eberhard, der so sehr mit der Berliner Szene verbundenen Altsaxophonistin? Doch ist dieser Hinweis bei der 1979 auf der östlichen Schwäbischen Alb in Heidenheim geborenen Musikerin nicht ohne Erkenntnisreiz. In ihrem Geburtsort entgeht niemand dem Nimbus der dortigen, den Weltmarkt beherrschenden Hochtechnologiefirma des Maschinenbaus. Fest glaubt man da an einen Zusammenhang mit dem geradlinigen, rauen aber herzlichen Menschenschlag der Gegend. Eberhards klar konturierte konstruktivistische Kompositions- und Spielweise, gepaart mit gelegentlichem Dekonstruktivismus, korreliert deutlich mit dem Heidenheimer Nimbus. Auf grandiose Weise ist das auf dieser Trio-CD nachzuhören.
In dem Kontrabassisten Jan Roder und dem Schlagzeuger Kay Lübke hat Silke Eberhard wahrhaft kongeniale Partner für ihre streng akustische Musik. Immer wieder scheinen Eric Dolphy, vor allem aber Ornette Coleman auf – nicht verwunderlich bei jemandem, der diesen Legenden bereits ganze Projekte gewidmet hat. Das eigentlich Bestechende aber ist, wie Eberhard die Konzeption des einstigen Saxophon/Kontrabass/Schlagzeug-Trios der "Freedom Suite" eines Sonny Rollins mit ihrer nachgeborenen Erfahrung der klassischen Avantgarde aktualisiert. Schroffheit ist dabei gemildert durch einen Hauch von Lee Konitz. Wie schon bei Rollins sorgen arrangierte Patterns im Bass und beim Schlagzeug quasi für die Strukturiertheit eines Quartetts mit Klavier, die zugleich jedoch unvergleichlich offener ist. Roders Bass, mehr bei Gary Peacock und Barre Phillips als bei Charlie Haden, ist erdende Triebkraft für den Diskurs des Saxophons, der von abstrakter Schönheit ist. Blitzgescheit kommentiert und ergänzt Kay Lübke am Schlagzeug diese Musik und verbreitet schiere rhythmische Freude, lässt dabei an die großen Afroamerikaner denken und ist doch im besten Sinne typisch europäisch. Wahrlich, so feiert sich Lebensfreude, oder wie heißt doch das Album in Anspielung auf einen berühmten Ornette-Coleman-Titel: "What a beauty being!"

Thomas Fitterling, 14.05.2011


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