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N° 1354
20. - 28.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Franz Liszt, Alexander Rosenblatt

Klavierwerke, Klaviersonate Nr. 1

Nikolai Tokarev

Solo Musica/Naxos SM 156
(61 Min., 1997-2000)

Wenn die verminderten Septakkorde gleich dutzendfach im Fortissimo donnern, die beidhändigen Oktaven in Sechzehnteln bergab und bergauf vorüberrauschen und die hymnische Erhebung sich geradezu triumphalistisch überschlägt, dann weiß man: Hier ist das Tastenreich des jungen Liszt. Und – das weiß man jetzt auch – das Reich des jungen Nikolai "Kolya" Tokarev, der als Wunderkind Mitte der 90er Jahre das Moskauer und per Tournee auch das japanische Klavierpublikum verzückte. An sich irritiert bei einem heute 28-Jährigen – zugegeben: einem der stärksten pianistischen Hoffnungsträger – die Publikation 'früher Aufnahmen' (nur bei Kissin ist mir solches bislang untergekommen); dienen diese doch eigentlich der diskographischen Vervollständigung 'gestandener' Tastenheroen; zumal bei einem noch jungen wie Tokarev auch der Interpretationsvergleich fehlt. Aus welcher Publikationsmotivation heraus auch immer: Was der 14-17-Jährige Ende der 90er Jahre an Tastenzauber hinterließ, lohnt der Veröffentlichung.
Nicht akzeptabel ist dagegen die Schludrigkeit seines Labels, das die Tracks bzw. Titel vertauscht hat. (Spätestens bei der zehnten transzendentalen Etüde "Presto molto agitato" dürfte jedem klar werden, dass deren Tempovorgabe nicht zur "Liebestod"-Paraphrase passt. Die korrekte Track-Reihenfolge lautet denn auch: "Mazeppa" = Track 3, "Presto molto agitato" = 6, "Harmonies du soir" = 1 und "Isoldes Liebestod" = 2.) Dass hier ein Wunderkind bzw. -jugendlicher am Werk war, wird niemand bestreiten – auch wenn Tokarev in seiner "Liebestod"-Paraphrase bei allem Gesanglichen die – horrende – Technik nicht vergessen lässt. Für das Klavierwunder gab es offenbar keine wirklichen Hürden. Allein die 16-minütige "Don Juan"-Paraphrase ist schon physisch eine Herausforderung sondergleichen. Und wie hier zuletzt die Akkordkaskaden im verjazzten Dies-irae-Teufelsritt der ersten Klaviersonate des 1956 geborenen Alexander Rosenblatt herausgemeißelt werden: Da kommt einem durchaus Hamelins Kapustin-Rausch in den Sinn. Mehr geht kaum.

Christoph Braun, 14.05.2011


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