K617/helikon harmonia mundi 146
(58 Min., 2001) 1 CD
Nicht ganz einfach ist es für den Hörer, zu einem wirklichen Verständnis aller musikalischen Elemente dieser CD zu gelangen: François Couperins berühmte "Lecons de Ténèbres", soviel wird unmittelbar deutlich, bilden den Kern des Programms. Die drei Klage-Gesänge für eine bzw. zwei Sopranistinnen, komponiert für die musikalische Ausgestaltung der Tenebrae in der Karwoche (sie ersetzten jeweils am Vorabend die Laudes und die Matutin des Gründonnerstags, Karfreitags und Karsamstags) erklingen in einer passagenweise sehr gelungenen, nicht immer ganz intonationsreinen Version, ausdrucksvoll gestaltet durch Cyrille Gerstenhaber und Stéphanie Revidat und begleitet von Elisabeth Geiger an der wundervollen Silbermann-Orgel von Saint-Quirin. Darüber hinaus hatte der Ensemble-Leiter und Flötist Jean-Christophe Frisch die Idee, Couperins Vertonung der Klagelieder des Jeremiah, die jeweils mit den Worten „Jerusalem, convertere ad Dominum Deum tuum“ enden, mit entsprechenden Gesängen aus der jüdischen und der islamischen Tradition zu kombinieren. In der jüdischen Liturgie spielen die alttestamentarischen Klagelieder des Jeremiah ebenfalls eine zentrale Rolle, und so war es nahe liegend, diese einstimmigen Kantorengesänge (bzw. deren Anfang) Couperins Kompositionen gegenüberzustellen; dies besorgt kompetent der Bariton Marco Horvat. In der Musik der Muslime jedoch, so steht es im Beiheft zu lesen, spielt Jerusalem gar keine Rolle; daher schuf der marokkanische Sänger und Komponist Rachid Benabdeslam einen stimmungsvollen zeitgenössischen Beitrag zur Repräsentation der islamischen Kultur, den er selbst zur Ausführung bringt. Gérard Pessons sehr aphoristische Komposition "Contra me", die Vertonung einiger Text-Fetzen des ebenfalls zur Kar-Liturgie gehörenden Psalm 51 ("Miserere mei, Deus") schließt das durchaus anregende, sehr kontrastreiche, im Beiheft leider etwas umständlich aufbereitete Programm der CD ab.
Michael Wersin, 01.09.2007
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