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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Joseph Haydn

Sinfonien Nr. 90 C-Dur und Nr. 92 G-Dur „Oxford“

Heidelberger Sinfoniker, Thomas Fey

Hänssler/Naxos 98629
(61 Min., 5/2011 & 9/2010)

Geht denn das nicht schneller!? – möchte man ungeduldig ins Neckartal hinein rufen, wo Thomas Fey mit seinen famosen Heidelberger Sinfonikern seit 13 Jahren alle Haydn-Sinfonien einspielt und jetzt bei Folge 16 angekommen ist, mithin etwa bei der Hälfte der 105 Gattungsbeiträge des Esterhazy‘schen Sonderlings und (späten) Londoner Weltbürgers. Wobei das „schneller“ nur der Publikationsgeschwindigkeit gilt – als Haydn-Liebhaber giert man förmlich nach der nächsten Heidelberger Lieferung –, und wahrlich nicht Feys Tempogestaltung.
Denn die reißt einen in den Allegro- bzw. Presto-Ecksätzen der nun vorgelegten Nummern 90 und 92 schlicht vom Hocker, an dessen vorderster Kante Feys Heidelberger, an der historischen Aufführungspraxis orientierte Sinfoniker (mit historischen Blasinstrumenten und Pauken neben modernen Streichern) selbst zu sitzen scheinen. So explosiv inszenieren sie Haydns Überraschungscoups, so quirlig und gestochen scharf absolvieren sie die Sechzehntel-Girlanden im Kontrapunkt-Getümmel. Beckmesserisch könnte man beim C-Dur-Werk einwenden: Da steht doch nur „Allegro assai“ und nicht „Allegro molto“ – wäre Feys „assai“-Verständnis nicht derart packend und schlüssig in der Umsetzung des HHaydn‘schen Schalks, der einem hier besonders frech im Nacken sitzt. Gleich mehrfach hält er den Hörer, der applaudierend losbrechen will, im finalen Allegro mit „Fehlschlüssen“ zum Narren – durch eine unverschämt vier Takte lange Generalpause!
Zum Narren hielt Haydn 1789 auch seine beiden fürstlichen Auftraggeber aus Paris bzw. Öttingen-Wallerstein, die beide gleichzeitig den „größten Synfonisten“ nach dessen umjubelten „Parisern“ um drei weitere Werke baten. Jenem schickte er die Partitur der Sinfonien 90 bis 92, diesem nur das Stimmenmaterial – mit der Ausrede, seine bald sechzigjährigen Augen hätten nicht mehr zuwege gebracht. In „Oxford“ geht es bekanntlich gesitteter zu und natürlich auch gelehrter, wie an den Kanon- und Krebs-Künsten der G-Dur-Sinfonie abzulesen ist, die Haydn im Juli 1791 sozusagen als „Dissertation“ zur Verleihung seiner „Ehrendoktor“-Würde präsentierte. Hätte der ehemalige Harnoncourt-Schüler Thomas Fey damals die Weihestunde geleitet, die Honoratioren hätten ihre Perücken festzurren müssen, so kratzbürstig und mürrisch wird ihnen hier der d-Moll-Mittelteil des Adagios präsentiert, ganz zu schweigen von den widerborstigsten Menuett-Synkopen. Mithin muss man – René Jacobs‘ fulminanter FBO-Präsentation der „Oxforder“ zum Trotz ‒ auch diesmal konstatieren: ein Haydn vom Neckar – at his best!

Christoph Braun, 25.02.2012


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