Man ist schon fast geneigt, in einer speziellen Jazzdisziplin endlich eine Männerquote zu fordern. Vokalistinnen gibt es ja inzwischen wie Sand am Meer – aber junge singende Herren, die ernsthaft den Ball von den mittelalten Ausnahmeerscheinungen wie Kurt Elling oder Kevin Mahogany aufnehmen, sind recht rar.
Der in Brooklyn lebende Gregory Porter könnte diesen Missstand beheben. Anders als beispielsweise Jamie Cullum sucht der Enddreißiger nicht sein Heil in einer Kombination aus zeitgenössischem Pop und altehrwürdigem Sinatra-Schwerenötertum, sondern bezieht sich klanglich und stilistisch auf den Souljazz der 60er und frühen 70er Jahre. Man hört auf „Be Good“ Kontrabass, Klavier, feine Hardbop-Bläsersätze und hervorragende Soli von Pianist Chip Crawford und Tenorsaxofonist Tivon Pennicott. Der gänzliche Verzicht auf HipHop-Modernismen gibt Porters Musik eine gewisse Klasse. Man muss unwillkürlich an Gil Scott-Heron oder Oscar Brown Jr. denken.
Und dann wäre da ja noch diese Stimme: ein prächtiger, warmer Bariton, der dem Gehörgang schmeichelt und das Herz berührt. Der Hüne Porter vermeidet ungeachtet seines Ehrfurcht gebietenden Aussehens jegliche Muskelspiele (nur einmal, wenn es gar nicht mehr anders geht, in „Bling Bling“, lässt er die Scat-Sau raus) und erweist sich als ungemein sensibler Interpret seiner Kompositionen. Und auch die sind in ihrer Verbindung von vielschichtiger Poesie und spröder Eingängigkeit das Beste, was man seit langem von einem männlichen Jazzsänger gehört hat.
Josef Engels, 28.04.2012
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