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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Georg Friedrich Händel/Traditional

Israel In Egypt – From Slavery To Freedom

Yair Dalal, The Al Ol Ensemble, Benno Schachtner, Werner Ehrhardt, Tölzer Knabenchor, L`arte del mondo

Cappriccio/Naxos C5151
(114 Min., 6 & 11/2011) 2 CDs

Juden, Christen und Muslime haben gemeinsame religiöse Wurzeln – eine Binsenweisheit, die dennoch allzu oft in Vergessenheit gerät. Freilich gibt es auch gravierende Differenzen: Die Gottessohnschaft Jesu Christi, so wie das Christentum sie versteht und lebt, ist ein kaum überwindbares Hindernis für eine „Ökumene“ zwischen den drei großen Weltreligionen. Im Alten Testament hingegen kann man sich gewissermaßen auf „ungefährlichem“ Terrain treffen – und genau dies hatten Werner Ehrhardt, Yair Dalal und Clemens Birnbaum im Sinn, als sie sich entschlossen, Händels Exodus-Oratorium „Israel In Egypt“ zum Schauplatz einer interreligiösen und interkulturellen Begegnung zu machen. Die synthetische Struktur dieses Amalgams stellt sich, kurz gesagt, so dar: Es erklingen Auszüge (vor allem Chorsätze) aus dem zweiten und dritten Teil von Händels Oratorium. Sie werden ergänzt durch inhaltlich passende Texte aus der Tora und der Pessach Haggada, gespielt und gesungen von Yair Dalal und seinem „Al Ol Ensemble“. Die atemberaubend unterschiedlichen musikalischen Welten bleiben indes nicht ganz voneinander getrennt: Gelegentlich mischen sich z. B. auch jüdische Instrumentalklänge in Händels Musik.
Das Projekt ist konzeptuell so ungewöhnlich, dass es sich eigentlich verbietet, die interpretatorische Leistung zu rezensieren; für den nahöstlichen Teil der Musik könnte das der Autor ohnehin nicht leisten. Der in der abendländischen Kultur beheimatete Zuhörer wird aber vielleicht die Erfahrung machen, dass Händels Chöre im gemischten Ablauf dieser Produktion wahrlich nicht immer die aufregendsten Elemente sind. Und das liegt nicht an den künstlerischen Leistungen der Tölzer Knaben oder Werner Ehrhardts. Nein, vielmehr muss der eingefleischte Klassiker bekennen: Die faszinierende Unmittelbarkeit, welche sich die in den Texten berichteten Geschehnisse durch die jüdische Musik hindurch über Jahrtausende hinweg bewahren konnten, findet in Händels Vertonungen nicht unbedingt ein gleichwertiges Pendant. Der Rezensent würde vermuten, so manche Bach-Arie hätte hier eine bessere Chance, der direkten Gegenüberstellung standzuhalten. Händels Oratorien sind keine Kirchen-, sondern Konzertmusiken. Sie sind für Abo-Konzerte geschaffen und basieren auf einer kunstmusikalischen Tradition, die u. a. auch von der italienischen Oper beeinflusst ist. Die zwingende Nähe zu ihren Sujets, die den jüdischen Gesängen zu eigen ist, können sie nicht ohne weiteres bieten.

Michael Wersin, 05.01.2013


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