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N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Gamak

Rudresh Mahanthappa

ACT/Edel 1095372ACT
(58 Min., 4/2012)

Deutlicher als je zuvor lässt sich der amerikanische Altsaxofonist Rudresh Mahanthappa von den verschlungenen Melodien seiner indischen Vorfahren inspirieren. Kraftvoll und schneidend ist sein Ton, und Unisoni mit dem Elektrogitarristen David Fiucynski verleihen ihm oft noch zusätzliche Schärfe. Allerdings geht es Mahanthappa überhaupt nicht darum, eine Fusion aus Jazz und indischer Musik zu synthetisieren. Sein Spektrum ist weiter, im Grunde genommen wesentlich weltmusikalischer als alle Zwei- oder Dreikomponenten-Fusionen aus dem vergangenen Jahrhundert. Mahanthappa, Fiucynski, der Kontrabassist François Moutin und der Schlagzeuger Dan Weiss bringen ziemlich viel zusammen, unter anderem Elemente aus Country, Free Jazz, Shuffle-Rhythmen, Funk, Metall, Swing, Pop, Hard Bop, Soul Jazz, Trance. Das alles fügt sich so selbstverständlich zusammen, dass man genau hinhören muss, um die Herkunft einzelner Elemente zu erkennen.
Manchmal erinnern die explosiven Altsaxofon-Stakkati des 1971 geborenen Mahanthappa an die Soli des Altsaxofonisten Steve Coleman, der als Mastermind des losen Musikerzusammenschlusses der „M-Base“ in den 1980ern die New Yorker Jazzszene mit komplexen Rhythmen aufmischte – mit einem Unterschied: Coleman bezog sich stärker auf afrikanische Rhythmen als der fünfzehn Jahre jüngere Mahanthappa, der sich tief in die Musik des Subkontinents eingearbeitet und deren rhythmische Komplexität und verschlungene Melodik studiert und für seine weltmusikalisch geprägte Jazzvariante fruchtbar gemacht hat. Dabei scheint er zwischendurch auf dieselben Quellen zurückzugreifen wie die Pioniere der Indo-Jazz-Fusion John McLaughlin und Charlie Mariano. So schimmern in der Schlusspassage von „We’ll Make More“ Erinnerungen an John McLaughlins Mahavishnu Orchestra durch, und die Melodie von „Abhogi“ ist mir der von „South Indian Line“ verwandt. Zufall? Oder eine klammheimliche Referenz an Geistesverwandte? Eigentlich ist dies gleichgültig. Entscheidend ist, dass Mahanthappas Quartett mit „Gamak“ aus einem gigantischen Wissensschatz über ethnische Musiken, Jazz und Rock etwas höchst Eigenes, Intensives und Packendes geschaffen hat, das ihn weit von anderen Jazzsaxofonisten abhebt. Diese Form des Ethno-Jazz weist weit in die Zukunft.

Werner Stiefele, 26.01.2013


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