Nibiru/Klassik Center NIB01572231
(66 Min., 9/2012)
Besonders gut scheint es dem in Böhmen geborenen Komponisten Jan Dismas Zelenka (1679-1745) in Dresden nicht gegangen zu sein. Er begann dort 1710 als Kontrabassist und starb schließlich als „Kirchen-Compositeur“, ohne besonderes Ansehen erlangt zu haben. Seine Werke bieten keine Erklärung für die frappierende Unauffälligkeit dieser Karriere, ganz im Gegenteil: Die späten Messen etwa, entstanden zwischen 1736 und 1741, sind auf ihre Art nicht weniger komplex und originell als die kirchenmusikalischen Kompositionen des gleichzeitig in Leipzig wirkenden J. S. Bach. Jeder, der mal Zelenka gespielt oder gesungen hat, weiß, wie dicht sein musikalischer Satz, wie umtriebig seine Melodik ist. Man nehme nur die berüchtigten Vokalfugen mit ihren oft chromatischen Themen: Sie fordern auch von Profi-Ensembles ein Höchstmaß an Konzentration und technischer Perfektion.
Genau daran mangelt es den knapp zwanzig Sängern des „Ensemble Inégal“ erfreulicherweise überhaupt nicht. Ganz anders, als der neckische Name (der sich tatsächlich wohl auf eine rhythmische Ausführungskonvention der Barockzeit bezieht) zu implizieren scheint, verfügt diese insgesamt großartig timbrierte Gruppe nämlich über ein Höchstmaß an Homogenität, Flexibilität und Geschmeidigkeit: Besser kann man Zelenkas intrikate Chorpartien nicht zur Ausführung bringen. Nicht minder begeisternd die Riege der Solisten: Allen voran ist der Countertenor Carlos Mena zu nennen, der mit der puren Schönheit seiner Stimme ebenso mitreißt wie mit seinem perfekten Gespür für die Ausgestaltung barocker Kantilenen.
Und so gelingt es dem kleinen Ensemble unter Leitung von Adam Viktora, Zelenkas komplizierte Partitur so perfekt darzubieten, dass die ganz eigentümlichen, teils auch eigenwilligen Schönheiten dieser Musik voll zur Geltung kommen. Man höre und staune: wirklich eine tolle CD.
Michael Wersin, 23.03.2013
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