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N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Stéphanie Argerich

Bloody Daughter

Martha Argerich, Warschauer Sinfoniker Orchestra, Jacek Kaspszyk

Ideale Audience/Naxos 3073908
(148 Min., 2012) 2 DVDs

Martha Argerich gilt als schwierig und äußerst zart besaitet. Und so umgibt sie sich auf dem Konzertpodium ausschließlich mit Menschen, denen sie vertrauen kann. Ein Solo-Konzert hat die argentinische Pianistin schon seit einer halben Ewigkeit nicht mehr gegeben. Wenn sie aber nicht gerade auftritt, scheint Argerich sich völlig abzuschotten. Interviews mit ihr? Keine Chance. Umso überraschter ist man daher, wie privat und offen sie sich jetzt in dem Filmporträt präsentiert, das ihre Tochter Stéphanie von ihr gedreht hat. Argerich mit zersauster Mähne im Bett, in der Garderobe oder sich auf einem Sofa herumlümmelnd – auch mit solchen Szenen wird sie ihre Fans verblüffen.
Die allererste Aufnahme jedoch gehört der Regisseurin. Da wird man Augenzeuge, wie sie gerade ein Baby bekommt – mit Martha Argerich an ihrer Seite. Und bereits bei diesem Schlüssellochblick stellt man sich die Frage, die im Laufe dieser Filmbiografie immer wieder kehrt: Will man das wirklich sehen? Denn aus diesem intimen Moment entwickelt Stéphanie Argerich gleich noch eine Annäherung an eine Mutter-Tochter-Beziehung, die eher ein Fall für die Psychoanalyse und nicht für die Öffentlichkeit ist. Immerhin schafft sie es zwischendurch dann doch, den bisweilen peinlich berührten Blick vom Menschen Argerich auf die wesentlich interessantere Künstlerin zu lenken. So zum Beispiel, wenn Martha Argerich etwa 2010 nach Warschau reist, um an jenem Ort Chopins 1. Klavierkonzert zu proben und mit dem Sinfonia Varsovia Orchestra zu spielen, an dem sie 1965 den Chopin-Wettbewerb mit Pauken und Trompeten gewonnen hatte. Und wie sie nun bei dem auf der zweiten DVD dokumentierten Live-Konzert sich ungebremst virtuos und temperamentvoll einmal mehr als Jahrhundertinterpretin ausweist, entschädigt das für alles, was sie ihrer Tochter unbedingt einmal anvertrauen wollte.

Guido Fischer, 23.11.2013


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