Weich und sanft klingt Emil Mangelsdorffs Altsaxofon in „Prelude To A Kiss“ und „Sophisticated Lady“, zwei bezaubernden Duetten mit dem Pianisten Thilo Wagner. Bebopisch agil geht er dagegen „Sweet Georgia Bright“, „A Night In Tunisia“ und weitere Titel an: ein grober Umriss der stilistischen Bandbreite seiner 2013 eingespielten Platte „Stolen Moments“. Der Frankfurter, zum Zeitpunkt der Aufnahmen 88 Jahre alt, hat sich zeitlebens dem swingenden Mainstream verschrieben. Die Partner in seinem Quartet, der Pianist Thilo Wagner, der Bassist Vitold Rek und der Schlagzeuger Janusz Stefanski folgen einem ähnlichen Ideal, ebenso die wechselnden Gäste, der Posaunist Joe Gallardo, der Tenorsaxofonist Wilson de Oliveira und der Trompeter und Flügelhornist Manfred Schoof. Locker und selbstverständlich wirkt, wie sie das aus wenigen Eigenkompositionen und Standards bestehende Programm angehen: Sie müssen keinen mehr von ihren Qualitäten oder von ihrer Klasse oder Entdeckerfreude überzeugen. Ihnen genügt es, einfallsreich und intelligent mit den Vorlagen umzugehen und sie durch die eigene Fantasie zu bereichern. Elegant und gelassen variieren die Solisten die Themen, mal nur von der Rhythmusgruppe, mal von einem Bläserarrangement begleitet. Im Gegensatz zu jüngeren Formationen verzichten sie weitgehend darauf, ihre Improvisationen durch komponierte oder penibel arrangierte Zwischenpassagen zu ergänzen: Ist das Thema erst einmal vorgestellt, improvisieren sie lustvoll bis zu den Schlusschorussen los. Das alles ergibt das glatte Gegenteil dessen, was die ebenfalls vorgestellte Nummer, das von Oliver Nelson komponierte „Stolen Moments“, vorgibt: Hier ist keine Sekunde verschwendet. Bei aller Leichtigkeit sind die vier Mann der Stammbesetzung und ihre Gäste hoch konzentriert. Das Ergebnis: eine Stunde voll glücklicher Momente.

Werner Stiefele, 13.12.2014

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