Der 47-jährige Saxofonist Mulo Francel ist Gründungsmitglied und Motor von Tango Nuevo, der weitgereisten, erfolgreichen Weltmusikformation, die Tango, Arabeskes und mediterranes Erbe jazzaffin miteinander vereint. Er besticht mit einem originellen, sinnlichen Ton von erfrischender Coltrane- und Garbarek-Ferne. Jetzt legt er ein Solo-Album der anderen Art vor. Schon immer haben ihn das Wasser und mythische Orte am Wasser – vor allem am Meer – fasziniert. Die Idee zur Klanggestaltung dieser Faszination hatte er durch ein eher architektonisches Raumerlebnis: Um bei einem Tango-Nuevo-Konzert in der Würzburger Residenz das Ende der Pause zu signalisieren, spielte er dort im Treppenhaus solo. Der enorm lange Hall gab ihm den Eindruck, in Entsprechung zum Deckenfresko mitten in der Weite des Ozeans zu schwimmen. Aufgrund dieses Schlüsselerlebnisses suchte Francel in den folgenden fast drei Jahren, allein mit seinen Saxofonen und seiner Bassklarinette die Verklanglichung der Orte zu verwirklichen, die am Meer gelegen sind oder mit ihrem Bezug zum Wasser für ihn eine ganz besondere Austrahlung haben. Im Freien, in Kirchen und anderen Räumen nahm er eine Musik auf, die er eigens in Reflexion auf diese Ausstrahlung komponiert hatte. Francel und sein Tontechniker bemühten sich dabei, die jeweilige Akustik vor Ort mit all ihren Umgebungsklängen und Geräuschen mit abzubilden. Elegische, heitere und – wie im Falle der kroatischen Uferpromenade mit ihrer Wind- und Meeresorgel – kuriose 19 Miniaturen sind so entstanden. Das ganze Programm ist ein Fest der einfachen linearen Melodie, abwechslungsreich und kein bisschen langweilig. Mitunter erinnert das an Bobby McFerrin, den A-capella-Sänger und Meister linear implizierter Mehrstimmigkeit. Übrigens: Das Album mit seinem reich bebilderten Booklet gibt es auch auf 180g Vinyl.

Thomas Fitterling, 03.01.2015

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