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N° 1354
20. - 28.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Christophe Roussets musikantische Fleischeslust war nie so ausgeprägt wie die seiner Kollegen Marc Minkowski und Hugo Reyne. Als Cembalist und Dirigent achtet er vielmehr auf ein fein ausgemessenes Barockbild, bei dem jedes Ornament und jeder Schnörkel seinen richtigen Platz hat. Vergaß Rousset in seinen (gelungenen) Anfängen bei all der Detailverliebtheit dann doch schon mal das Atmen, ist er ausgerechnet an einem Komponisten gewachsen, der noch vor einiger Zeit ein nicht unbedingt exzellentes Image besaß. Doch erst Rousset hat wie kein Zweiter Jean-Baptiste Lullys musikhistorische Leistung auf dem Gebiet der Tragédie en musique ins rechte Licht gerückt und somit für die überfällige Lully-Renaissance gesorgt. Alle Klischees, die man den Opern des Versailler Hofkomponisten postum angedichtet hatte, werden somit auch im bereits fünften Opernprojekt des eingespielten Rousset-Teams über den Haufen geworfen.
Der 1684 erstmals aufgeführte Fünfakter „Amadis“ ist einmal mehr das Resultat der äußerst fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Lully und dem Librettisten Quinault. Denn aus dem damals beliebten Stoff um den ritterlichen Titelhelden, dem selbst dunkle Zaubermächte nicht die Liebe zu Oriana austreiben können, hat dieses französische Dreamteam ein äußerst abwechslungsreiches Seelen- und Bühnenspektakel gemacht. Wer allein immer noch dem Irrglauben anhängt, dass die französische Hochbarockoper und speziell ein Lully keine Arien für die Ewigkeit hinterlassen hat, der muss sich nur die beiden Klagegesänge aus dem 2. Akt, „Bois épais“ (Amadis) sowie „Ah! Tu me trahis“ (Arcabonne), zu Gemüte führen. Doch wie bei jedem Repertoire-Klassiker gilt auch hier die alte Opernweisheit, dass schönste Musik ohne das entsprechende Fachpersonal schnell zur Qual werden kann. Bei Rousset hingegen ist das Vokalensemble einmal mehr durch die Bank einfach tadellos besetzt – angefangen bei dem Haute-Contre Cyril Auvity (als „Amadis“) über die „Oriane“ Judith van Wanroij bis zu Ingrid Perruche, die ihrer Figur als „Arcabonne“ furchterregende Züge verleiht. So bleibt nur eins zu hoffen: dass nach diesem fünften Lully-Streich der nächste der Schmiede Rousset schon in Vorbereitung ist.

Guido Fischer, 03.01.2015


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