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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Johann Sebastian Bach

Neue Oboen-Sonaten

Ramón Ortega Quero, Tamar Inbar, Luise Buchberger, Peter Kofler

Berlin Classics/Edel 0300648BC
(53 Min., 1/2014)

Oboensonaten von Bach? Wer den in roten Lettern gedruckten Titel dieser CD sieht, wird sich zunächst wundern: Hat Bach Sonaten für dieses wunderbare Instrument geschrieben, das er in seinen Kantaten und Oratorien, nicht zuletzt auch in seinen Concerti so exponiert zum Einsatz gebracht hat? In seiner geistlichen Musik darf die Oboe oftmals als instrumentales Pendant zur „Vox Christi“, vielleicht sogar als Sinnbild für den zu Gott erhöhten Christus nach seiner Auferstehung gelten. Aber kammermusikalisch blieb für die Oboe aus Bachs Feder leider nichts erhalten. Hier schuf Oboist Ramón Ortega Quero auf kompetente Weise Abhilfe: In Anlehnung an die Bearbeitungspraxis Bachs und seiner Zeitgenossen widmete er eine Reihe von Werken des Thomaskantors – darunter die Gambensonate G-Dur BWV 1039, die teilweise auch als Orgelbearbeitung existiert, und die Flötensonate BWV 1034 – für die Oboe als Soloinstrument um.
Ramón Ortega Quero präsentiert auf dieser CD die neu für sein Instrument gewonnene Musik Bachs mit leidenschaftlicher Zuneigung zum Repertoire und, fast familiär, auch zu seinen Mitspielern. Seine Frau Tamar Inbar spielt die andere Oboe in der Triosonate, und der Münchner Michaelskirchen-Organist Peter Kofler begleitet das gesamte Programm am Cembalo; hinzu kommt in einigen Stücken die Cellistin Luise Buchberger. All diese Musiker verbindet ihre gemeinsame Konzerttätigkeit: Man ist hörbar gut aufeinander eingespielt, man liebt und schätzt dieses großartige Repertoire.
Dennoch gibt es ein nicht zu überhörendes Problem, mit dem sich auch der Rezensent dieser mit so viel persönlichem Engagement verwirklichten CD herumquält: Es bleibt ein klanglicher Graben bestehen zwischen dem Klang bzw. der Spielweise der modernen Oboen einerseits und der historisierend ausgerichteten Continuogruppe andererseits. Allzu zuckrig ist das Oboentimbre, allzu glatt und homogen präsentiert sich die gesamte Tonskala der mit modernem Klappensystem vervollkommneten Instrumente. Die unendliche Weichheit im Ein- und Ausschwingen eines jeden Tones, die völlige Unterschiedslosigkeit in der Ansprache durch sämtliche Lagen und Tonarten hindurch ist so weit entfernt von allem, was historische Rohrblattinstrumente hervorzubringen vermögen, dass man weder den von Christine Schornsheim geschulten Cembalisten Peter Kofler noch vor allem die auch barock kompetente und hier auf einem barocken Cello spielende Luise Buchberger beneidet: Ihre Aufgabe, zwischen den grundlegend verschiedenen Klangwelten zu vermitteln, ist alles andere als einfach. Wohlgemerkt: Es geht hier nicht um kleinliche Erbsenzählerei, sondern um eine ganz grundsätzliche Diskrepanz, die die Oboen beim besten Willen nicht wegartikulieren können. Letztendlich bleibt es dem Hörer überlassen, ob er dieses Sandkorn im Getriebe des Ensembles als inspirierend oder als störend empfindet.

Michael Wersin, 07.03.2015


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