Toll. Ein Doppelalbum zum Genießen. 90 Minuten Melodie, sorgsame Interaktion, Schönheit und Gelassenheit. Der Hamburger Saxofonist Stephan Abel gönnte sich (und seinen Hörern) zu seinem 50. Geburtstag ein reines Balladenprogramm, überwiegend Klassiker, aber auch Carla Bleys „Olhos de Gato“. Auf Tenor- oder Sopransaxofon bläst er, Klangfarbe und Intensität eines jeden Tons gestaltend, bedächtig und intensiv und dabei nie verhehlend, dass vor allem Luft durch das Instrument strömt: sanft, rau, knisternd, schmal und konzentriert oder auch voluminös und fett. Er zeigt Kraft, nimmt sich zurück, zögert, beschleunigt, und seine Partner vollziehen jede Nuance mit. Der Pianist Buggy Braune, der Kontrabassist Olaf Casimir und der Schlagzeuger Heinz Lichius gestalten ihr Spiel wunderbar offen und licht, antworten, fassen zusammen, setzen dezent Akzente und agieren so sensibel und – im Gesamtbild – eigenständig, dass sie eher als Mitgestalter denn als Begleiter wirken. Entstanden ist das Album Ostern 2014 in einem Proberaum, den ansonsten Inga Rumpf und Buggy Braune nutzen, und aufgezeichnet wurde es in dessen intimer Atmosphäre mit warmem, vollem Klang. Als Gast ist Ken Norris in „Estate“, „Never Let Me Go“ und „Everything Happens To Me“ zu hören: ein sensibel intonierender, den Text einfühlsam gestaltender Sänger. Mit spürbarer Liebe zur Musik spielen das Quartett und sein Gast traditionell swingenden Mainstream und schaffen damit eine angenehme, entspannte Wohlfühlatmosphäre mit Reminiszenzen an die 1950er. Dazu passt, dass auch eine Vinyl-Version erhältlich ist.

Werner Stiefele, 28.03.2015

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