So war es vor 60 Jahren. Der Pianist dominierte sein Trio mit virtuosen Läufen und ausgebufften Varianten eines Themas, während der Kontrabass federnd grundierte und – je nach Fähigkeiten – dabei kleine, feine Melodien einflocht. Dem Schlagzeuger wiederum fiel die Aufgabe zu, möglichst raffiniert, aber unauffällig, die rhythmische Kontinuität zu markieren. Genau diesem Konzept folgt das Trio des Pianisten Benny Green. Aber auf welchem Niveau! Der 50-Jährige, in jungen Jahren als Sideman der Sängerin Betty Carter, des Schlagzeugers Art Blakey und des Kontrabassisten Ray Brown gereift, ist längst zu einem ähnlichen musikalischen Schwergewicht wie seine Ex-Bandleader geworden. Sein Trio mit dem Bassisten David Wong und dem Schlagzeuger Kenny Washington swingt wie die Bands der alten Meister, obwohl auf dem Programm durchweg Eigenkompositionen Greens stehen. Die wiederum verraten, von welchen Klassikern sich Benny Green vorwiegend inspirieren ließ: Bud Powell, Herbie Nichols, Oscar Peterson, Hank Jones und Chick Corea, sofern dieser am Flügel und nicht am Keyboard sitzt. Da rasen die Finger, da überschlagen sich die Melodievariationen, da groovt der Blues und räkelt sich die Ballade. Zwischendurch eine Samba, etwas Latin und viel virtuoser Straight Ahead Jazz. Der entspricht zwar nicht der aktuellen Mode, aber wer wirft einem Klassik-Pianisten vor, wenn er die grandiosen Klavierwerke von Bach, Schumann, Chopin, Rachmaninow oder den vielen anderen Giganten spielt? Über eine ähnlich bedeutende Traditionslinie verfügt auch der Jazz, und diese auch im Konzert lebendig zu halten, ist ein grandioses Verdienst von Musikern wie Benny Green. Schade, dass der Live-Mitschnitt aus drei Abenden auf nur 42 Minuten konzentriert wurde. Ich würde gerne mehr davon hören.

Werner Stiefele, 15.08.2015

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