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N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



Die ersten Akkorde der Ouvertüre: trocken, kräftig. "Don Giovanni" präsentiert sich schlank und edel und außerdem vollständig: in der ursprünglichen Prager Fassung, versehen mit einem Anhang der Wiener (ariosen) Zusätze und Variationen. Was jedoch fehlt, ist eine deutsche Übersetzung des italienischen Librettos.
Michael Halász ist mit dieser Neueinspielung wirklich etwas Neues gelungen. Die Nicolaus Estherházy Sinfonia lässt er theatralisch-transparent erklingen. Jedes Nebenthema wird zum Leben erweckt, frappierend schön etwa im zweiten Menuett am Ende des ersten Aktes ("Da bravi, via ballate"). Darüber hinaus baut er eine organische Struktur auf, erzeugt eine vibrierende Spannung vom ersten Takt durchgehend bis zum Ende.
Durch das zügigere Tempo, mit dem er die meisten Arien nimmt, gewinnen diese an Stil und besonders das Finale gewinnt an Schrecken. Letzteres auch dank der Komturstatue Janusz Monarchas, die marmorne Töne, eben und erschütternd wie aus einer anderen Welt von sich gibt.
Torsten Kerl als Don Ottavio besticht durch eine sichere Stimmführung, einen gewaltigen Atem und eine zu dieser Rolle passende Anmut. Regina Schörg ist eine pathetisch selbstbewusst liebende Donna Elvira, jenseits aller entseelten oder hysterischen Stimmakrobatik. Adrianne Pieczonka verkörpert souverän das komplizierte Wesen der elegisch-edlen Donna Anna. Und schließlich entwirft Ildikó Raimondi mit außergewöhnlichen Legato- und Belcantofähigkeiten eine von niedlicher Blödigkeit befreite Zerlina, die sie stattdessen mit Raffinesse ausstattet.
Leider verfügt Bo Skovhus als Don Giovanni nicht über die stilisierte Ausdrucksfähigkeit seiner Kollegen. Besonders fehlt ihm das nötige Quantum bösen, radikal individualistischen Bewusstseins, obwohl er sich redlich bemüht, das Unfassbare aus seiner schönen, aber etwas unfokussierten Stimme herauszuholen. Plausibel ist auch ein so vernünftiger Don Juan wie der Skovhus'. Das ist aber doch nicht das postmoderne Ende dieser schillernden Gestalt?

Cornelia Wieschalla, 01.09.2007


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