Völlig zu Recht schreibt der Saxofonist Ben Wendel im Booklet, nichts entstehe aus einem Vakuum. „Alles, was wir machen, ist mit der Vergangenheit verbunden, von ihr beeinflusst und letztendlich auch gegenüber dem in der Schuld, was vor und in der Gegenwart auch um uns herum geschaffen wurde.“ Dieser Satz lässt Retro-Jazz erwarten. Den aber liefert das Quartett nicht im Geringsten. Denn Ben Wendels Traditionslinien enden nicht bei den Saxofonisten John Coltrane, Wayne Shorter oder Michael Brecker. Sein Spiel auf dem Tenorsaxofon bezieht unter anderem die verschlungenen Melodien Jan Garbareks und die Brillanz David Sanborns ein – allerdings ohne in die Bereiche von Fusion einzudringen oder von skandinavischer Volksmusik beeinflusste Melodien zu verwenden. Bei den Kompositionen standen eher Amerikaner Pate. So erinnern in „Song Song“ der federnde Beat und die auf Dialoge im Hintergrund ausgerichtete Rhythmusgruppe an Ahmad Jamals Trio-Meisterwerke. Darüber hinaus weckt das Zusammenspiel des Pianisten Gerald Clayton mit dem Bassisten Joe Sanders und Schlagzeuger Henry Cole in einigen Titeln Assoziationen an die von hippeligen Rhythmen und blechernen Schlagzeugsounds geprägten Pianotrios wie „The Bad Plus“, „E.S.T.“ und Tingvall Trio. In diese mehrschichtige Umgebung bettet Ben Wendel eine faszinierende Mischung aus langen, schwebenden Melodiebögen, verschlungenen Mustern und knappen Tonstößen. Der 40-jährige Saxofonist hat tatsächlich seine Lektionen in Geschichte und Gegenwart gelernt.
Werner Stiefele, 17.09.2016
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