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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



Es liegt ein rührender Reiz in den Aufnahmen ganz junger Sänger. Die in der Schweiz entstandenen Platten von Giuseppe di Stefano wären ebenso zu nennen wie Aufnahmen von Fritz Wunderlich, die soeben aus den Archiven des SWR geborgen wurden. Die wenigen Zeilen des ersten Gefangenen aus Beethovens "Fidelio" erinnern daran, dass der Tenor auch nach seinem ersten Staatsopern-Tamino noch kleine Rollen sang. Wahre Trouvaillen sind die 1956 entstandenen Auschnitte aus Mozarts Singspiel-Fragment "Zaide": zwei Arien des Alonso (bzw. Gomez), ein Duett des Alonso mit der von Maria Stader gesungenen Zaide und das Terzett "O selige Wonne" (mit Horst Günter als Juan). Der Klang der biegsamen Stimme hat den unwiderstehlichen Zauber jünglingshafter Anmut. Die auf einem Atem gesungenen Koloratur-Passagen in "Ja, nun lass das Schicksal wüten" zeugen von der guten Agilität. Sie deuten überdies die dynamischen Möglichkeiten der Stimme an: die Fähigkeit, die Bögen einer Legato-Linie zu formen und ihnen durch das messa di voce Spannung zu geben. Dies ist in Wunderlichs frühester Aufnahme von Taminos Bildnis-Arie unter Carl Schuricht (12. 4. 1959) zu erleben. Die Klang-Konzentration der klimaktischen Phrasen - silbrig leuchtend, wundervoll dynamisiert, sanft ausklingend - ist exemplarisch (weniger gut sind etliche Aspirationen wie bei "soll die Empfihihindung Liebe sein"). In den Auszügen aus Luigi Cherubinis "Der Wasserträger" - insgesamt 18 Minuten Musik - erfüllt Wunderlich überwiegend Ensemble-Aufnahmen. In Szenen aus Wilhelm Kienzls "Der Kuhreigen" gelingt ihm das Kunststück, bei den Romantizismen von "Lug, Dursel lug" alle Anklänge des Gefühligen zu meiden. Wenn er schließlich Arien und Lieder aus Operetten von Emmerich Kálmán singt - "Wenn es Abend wird" oder "Schön ist der Tag" -, schmilzt man mit dem Seufzer dahin: "Das ist schon eine Kunst - auch wenn es keine Kunst ist."

Jürgen Kesting, 01.09.2007


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