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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Giovanni Battista Pergolesi, Francesco Mancini, Francesco Durante

Stabat Mater, Sonate Nr. 14 g-Moll, Concerto grosso Nr. 1 f-Moll

Sonya Yoncheva, Karine Deshayes, Ensemble Amarillis

Sony 88985369642
(56 Min., 6/2016)

Unser Leben im Zeitalter der Postmoderne macht Mühe, auch und gerade auf dem Feld der klassischen Musik: Da sollen heutige Sängerinnen und Sänger nach Möglichkeit mehrere Jahrhunderte der Gesangskunst und der unterschiedlichen Stilistiken in einer Kehle vereinen. So mache haben in der Alten Musik ihre ersten Erfahrungen gemacht, die bulgarische Sopranistin Sonya Yoncheva etwa; heute steht sie u.a. als Traviata auf der Bühne. Auch die Mezzosopranistin Karine Deshayes erleben wir derzeit vor allem mit dem großen Opernrepertoire des 19. Jahrhunderts. Wie haben sich diese beiden Sängerinnen in die vorliegende Einspielung des „Stabat Mater“ von Pergolesi verirrt – einer ganz kammermusikalisch angelegten spätbarocken Vertonung einer alten marianischen Sequenz, die der todkranke Komponist 1736 im Auftrag einer neapolitanischen Bruderschaft komponiert hat?
Die interpretatorischen Mittel, mit denen Yoncheva und Deshayes hier Ausdruck erzeugen, sind diejenigen der Opernbühne, des Belcanto: Vibrato, Dauerlegato, bedeutungsschwangeres Abdunkeln der Stimmfarbe. Die Sprache steht dabei nur scheinbar im Vordergrund: Zwar werden Silben und Worte akzentuiert ausgestoßen, aber es wird keine Rücksicht genommen auf schwere und leichte Silben, auf das Spannungs- und Betonungsgefüge rhetorisch-musikalischer Bögen. Es ist die Herangehensweise der Opernmusik des 19. Jahrhunderts: Der Ausdruck kommt nicht direkt vom Wort, sondern von der möglichst effektvollen Ausgestaltung der melodischen Linie her; die Sprache wird der musikalischen Phrase als beliebige Folgen von Silben erst nachträglich wieder übergestülpt.
Es ist durchaus eine Überraschung, dass eine solche Gesangsdarbietung von einem Alte-Musik-Ensemble begleitet wird, an dessen Spitze immerhin die erfahrene Geigerin Alice Piérot steht. Soll man sich Interpretation im Zeitalter der Postmoderne so vorstellen – eigentlich unvereinbare Herangehensweisen werden beliebig miteinander vermischt? Angesichts der zahlreichen hervorragenden Einspielungen dieses Stücks, die der Schallplattenkatalog bietet, verursacht diese Produktion Kopfschütteln.

Michael Wersin, 04.03.2017


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