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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Othmar Schoeck

Unter Sternen

Dietrich Fischer-Dieskau, Hartmut Höll

Claves CD 50-8606
(58 Min., 0000-00-00) 1 CD

Etwa zehn Jahre ist es her, da erstand ich, damals Student in Münster, diese CD. Ich hatte gerade Schubert entdeckt, und mit ihm Dietrich Fischer-Dieskau und ganz allgemein das deutsche Kunstlied. Und was geschah? Nichts! Für mich enthielt die CD nur das dissonante Krächzen eines stimmgeschwächten Fischer-Dieskau, kurz vor seinem freiwilligen Abgang. Einige Wochen später, zweiter Anlauf: immer noch nichts. Nach ca. einem halben Jahr geschah es dann: mein Ohr blieb an dem kleinen Lied "Stilleben" hängen. Ein schlichtes aber herbes Ostinato über dem die Stimme hell und leicht dahinfließt, wie der Fluß, dessen Landschaft sie beschreibt. Das war der Anfang meiner großen Liebe zu: OTHMAR SCHOECK. Aber wer ist Othmar Schoeck? Schweizer Komponist, 1886 - 1957, Studium bei Max Reger, vorwiegend Lieder, (Zu-)Spät-Romaniker. Besser informierte Quelle wissen noch: der letzte große Meister des Kunstlieds. Aber davon merkt man heute nicht mehr viel. Im Konzertleben findet man allenfall mal sein Hornkonzert. Das ist verständlich, aber bedauerlich. Schoecks Kunst ist eine intime und innige: herbe Schönheit, die sich nicht leicht erschließt, die umworben werden will. Es fordert Geduld und Mühe sich dieser Musik zu nähern. Aber wem sich ihre Schönheit erst einmal erschlossen hat, der wird reichlich belohnt, der entdeckt einen Meister, der des großen Erbes von Schubert bis Wolf würdig ist.
Mit "Unter Sternen" beginnt Schoecks Spätwerk. Die Modernität und Komplexität der Tonsprache spottet aller üblen Nachrede vom ewig Gestrigen. Die Stimme hat eine wunderbare Balance zwischen Deklamation und Melodie gefunden. Kongenial wählt und sortiert Schoeck die Gedichte Gottfried Kellers zu einem Zyklus über das Transzendieren, über den Übergang in andere Sphären: Sternenmusik. Kann man sich einen besseren Interpreten für diese verinnerlichte Kunst denken als Dietrich Fischer-Dieskau? Immer wieder hat er sich mit dem Schweizer auseinandergesetzt und sich immer wieder für seine Musik eingesetzt. In seinen letzten Sängerjahren hat er die drei großen Spätwerke Schoecks eingespielt. Was manchmal als Schwäche der Stimme erscheint, erschließt sich später als Forderung der Musik. Und natürlich gibt es niemanden, der die Ausdeutung der Worte, die Schoecks Lieder erfordert, oder das Schweben zwischen Sprache und Gesang, vergleichbar realisieren könnte. Die Interpretationen des jungen Fischer-Dieskau vermochten noch den alten Schoeck zu Tränen zu rühren. Und Hartmut Höll läßt den Klavierpart funkeln und knistern, wie einen Sternenhimmel im Winter.
Also, Freunde des Kunstlied, wenn ihr tapfer und geduldig seit, gebt Schoeck eine Chance. Seine Kunst ist nun wirklich nichts für unsere Zeit der Attraktionen, aber sie ist zu sublim und kostbar, um der Vergessenheit anheim zu fallen.

Mirko Einhorn, 32 Jahre, Kamen


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