Gute, aber auch keine Referenz: Die "Elektra" unter Christian Thielemann (mit René Pape als Orest und Evelyn Herlitzius als Elektra, hier in der Inszenierung der Semperoper Dresden) © Matthias Creutziger
Richard Strauss war der letzte Blockbuster der E-Musik. Ein Massenbeglücker und Versöhner von Harmonie und guter Opern-Sitte. Kurz: ein Pop-Star der Klassik. So jemand braucht kein Richard Strauss-Jahr, könnte man sagen. Dagegen: Giacomo Meyerbeer, im Jahre seines 150. Todestages, könnte gut ein Meyerbeer- Jahr vertragen. Und Carl Philipp Emanuel Bach (300) ein CPE Bach-Jahr. Das sagend staunt man, was einige Firmen zum Jubiläum an Feiernswertem doch noch zusammengebracht haben.
Wir reden hier nicht von Thomas Hampsons mühsamen Strauss-Liedern („Notturno“), die eher beweisen, dass sich der großartige Bariton in den letzten Jahren zu viel (namentlich zu viel Verdi) zugemutet hat. Auch nicht von der Warner-Collection „The Other Strauss“, die trotz hübscher Ausgrabungen wie „Die Göttin im Putzzimmer“ wenig Wichtiges bietet. Entbehrlich ist auch Andris Nelsons neuerliche ‚Bestraussung’ mit „Also sprach Zarathustra“ (Orfeo). Eine neue Salzburger „Ariadne“ (mit Jonas Kaufmann, Sony) und ein Wiener „Capriccio“ (immerhin mit Renée Fleming, CMajor) pressen gleichfalls alten Wein durch neue Schläuche.
Interessanter wird die Sache bei Thomas von Steinaeckers Dokumentation „Richard Strauss and His Heroines“ mit Interviewbeiträgen von Brigitte Fassbaender, Christa Ludwig und Christian Strauss, dem letzten lebenden Enkel (Arthaus). Vergleichsweise ergiebig sind auch die Wiederveröffentlichungen einiger Vintage-Titel. So die Lieder-Recitals von Lisa della Casa (RCA), Hilde Güden (Decca) und Kiri Te Kanawa (Sony). In nostalgisch schöner Originalaufmachung stimmen sie wehmütig – nach dem Motto: „Wie du warst! Wie du bist ...“
Interessanteste Neuveröffentlichung ist wohl die konzertante „Elektra“, die Christian Thielemann in Berlin live aufgenommen hat (DG). Mit Evelyn Herlitzius verfügte man über die wohl einzige Darstellerin der Hauptpartie mit einem infam unschuldigen Kinderton. Für Waltraud Meier, gestalterisch überlegen, kam ihre dritte Klytaimnestra ein wenig spät. Anne Schwanewilms’ ältliche Chrysothemis ist nicht die Erfüllung sämtlicher Strauss-Träume. Die Staatskapelle Dresden indes erweist sich den Münchner Philharmonikern (in Thielemanns „Elektra“-DVD von 2010) als durchaus überlegen. Ein erfreuliches Dokument; und doch eines, welches bestätigt, dass Thielemann mit Opern-Gesamtaufnahmen leider – aufgrund von Live-Bedingungen und Besetzungsfragen – nie wirklich Glück gehabt hat. Für „Elektra“-Klassiker mit Birgit Nilsson oder Inge Borkh ist dies immer noch keine Konkurrenz.
Das Zugreifen wert sind diesmal die großen Boxen. In einem 33 CD-Klotz mit dem Titel „Sämtliche Opern“ hat man vieles vom Besten verklappt, was die Strauss-Diskografie überhaupt hergibt: Soltis „Elektra“, Keilberths „Arabella“, Böhms „Daphne“, „Schweigsame Frau“ und „Capriccio“, dazu Sawallischs „Intermezzo“ und Sinopolis „Salome“. Hinzu kommt erstmals eine Berliner „Feuersnot“ mit Gundula Janowitz unter Erich Leinsdorf (DG). Noch unanfechtbarer: die 22 CD-Box „Die großen Opern“ mit all den EMI-Katalogklassikern von Karajan, Kempe bis Sawallisch, die auf keiner einsamen Insel fehlen dürfen.
Sinnig war gewiss die Idee, Strauss als Dirigenten mit einer eigenen 7 CD-Box zu würdigen; obwohl hier ausgerechnet die hinreißend dirigierte „Sinfonia domestica“ und „Zarathustra“ fehlen. („Strauss Conducts Strauss etc.“, DG). Gleichfalls sehr schön: „Clemens Krauss dirigiert Richard Strauss“ (5 CD, Decca), obwohl hier nur Tondichtungen enthalten sind, nicht aber die großartige „Salome“ mit Christel Goltz (wodurch der Titel „The Complete Decca Recordings“ falsch wird). Natürlich waren diese Dinge alle vorher greifbar. Aber nie so hübsch. Was auch auf jene Box zutrifft, die an kanonischer Schönheit den Vogel abschießt: „Fritz Reiner Conducts Richard Strauss – The Complete RCA and Columbia Recordings“ (11 CDs, RCA) würdigt erneut einen der unsterblichen Schweinepriester unter den Straussianern – mit einem Boxen-Stopp seiner Meister- Dirigate. Herrlich.
Dass die Akten über Richard Strauss trotz zu vieler Aufführungen noch nicht geschlossen sind, zeigt eine überraschende Neudeutung der Tondichtungen durch das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg unter Leitung seines Chefs François-Xavier Roth. Von der auf 6 CDs angelegten Unternehmung sind bisher 2 CDs erschienen, Vol. 3 mit den Tondichtungen „Aus Italien“ und „Also sprach Zarathustra“ ist für September 2014 angekündigt. (Hänssler CLASSIC). Das von Fusionsplänen akut bedrohte Orchester hat sich, so klingt es jedenfalls, unter dem Beweisdruck seiner dreist angezweifelten Selbständigkeit in einem großartig geballten Furor Luft gemacht. Kühl im Klang, rasant in der Gestik und aufgekratzt im Temperament, fegt man durch die Ecken, bläst Staub weg und entdeckt so den Stürmerund Dränger-Ton des frühen Strauss. Der war zu Anfang seiner Karriere vom Aufbruch in eine neue Zeit beseelt – und galt als umstritten. So wird hier der gelinde Bruch zwischen dem frühen, revolutionär tonmalenden Klangforscher und dem festspielaffinen Opern-Pompmeister endlich mal nicht verschmiert. Sondern erstaunlich hörbar. Eine Erkenntnis, für den sich der Wust der Wiederveröffentlichungen schon gelohnt hat!
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