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(c) Stefan Gloede
Jedes Jahr, wenn Robinie und Holunder ihr bräutliches Weiß anlegen, wenn der Jasmin seine Blüten wie Champagner übers Grün schießen lässt und in den ersten Heckenrosen die letzten Nachtigallen singen, dann ist es Zeit für die Musikfestspiele Potsdam Sanssouci. Die ganze Landschaft mit ihren Schlössern und Gärten, Kirchen und Seen feiert mit – Nährboden und Resonanzraum für zwei Wochen Kunst. „Die Zivilisation arbeitet am Nützlichen und nach dem Gesetze des kleinsten Kraftaufwandes. Kultur ist gebändigte Fülle, Seelen-Überfluss, der Form wird. Sie verschwendet, während Zivilisation sparen muss“, hat der Philosoph Martin Buber einmal geschrieben. In diesem Sinn ist die Hinterlassenschaft der Könige von Preußen und deutschen Kaiser in Potsdam wirklich Kultur. Die Musikfestspiele versöhnen den monarchischen Anspruch mit jenem des demokratischen Zeitalters. Sie machen das Erbe bewohnbar, das die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten pflegt. Beide Einrichtungen kooperieren seit langem miteinander und vermählen so Bildung und Lust.
Seit sechzig Jahren gibt es die Musikfestspiele Potsdam Sanssouci nun. Durch das Land Brandenburg und die Stadt Potsdam getragen, haben sie sich vom regionalen Fest zum internationalen Festival höchster Qualität entwickelt. Das ist das Verdienst der sachkundigen künstlerischen Leitung von Andrea Palent und ihrer Mitarbeiter, derzeit mit Jelle Dierickx an ihrer Seite. Die sinnsatten historischen Räume strahlen jedes Mal auf die Musik zurück und reichern sie mit Bedeutung an. Da konnte man Georg Friedrich Händels Kantate „Apollo e Dafne“ in den Neuen Kammern hören und sah die Geschichte, wie die Nymphe sich in einen Lorbeerbaum verwandelt, zugleich in den Reliefs an der Wand. Da schien in den Goldgrundmosaiken der Friedenskirche der Markusdom von Venedig auf – zur Musik des Venezianers Antonio Vivaldi. Und man entdeckte 2013 hörend und schauend, wie eng die verwandtschaftlichen und seelensehnsüchtigen Bindungen des Hauses Preußen zu Dänemark, Schweden und Norwegen waren.
In der Jubiläumssaison heißt das Thema vom 13. bis 29. Juni: „Mittelmeer – zwischen Traum und Wirklichkeit“. Die großen Namen der Alten-Musik-Szene tauchen im Programm auf: Die Sängerin Nuria Rial, die Lautenistin Christina Pluhar und ihr Ensemble „L’arpeggiata“, der Cembalist Pierre Hantaï oder der Gambist Jordi Savall mit „Hesperion XXI“. Sinnenpralle Barockoper gibt es wieder mit „Die Rache der Stellidaura“ von Francesco Provenzale und „Der Goldene Apfel“, einem Opernpasticcio inklusive Drei-Gang-Menü à l’orange vom Koch Ingo Bassenge. Auf die Geselligen wartet eine „Nacht der Antike” mit Schlafmatten in der Bildergalerie, auf die Eiligen ein „Speed Dating” auf Römischen Bänken. Für die Mobilen gibt es das traditionelle Fahrradkonzert und für Kinder den Spaghetti-Workshop „Pastacaglia”. Die Havel, mit Heiligem See, Tiefem See und Glienicker Lake, verwandelt sich unterdessen ins Mittelmeer.
13.– 29. Juni: „Mittelmeer – zwischen Traum und Wirklichkeit“ www.musikfestspiele-potsdam.de
Tickets: +49 (03 31) 2 88 88 28
Rondo Redaktion, 31.05.2014, RONDO Ausgabe 3 / 2014
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