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Im Jahr 1947 begann mit der zweiten Gründung der »Komischen Oper« (die erste hatte Hans Gregor an der Weidendammer Brücke 1905 eröffnet) durch den schon damals berühmten österreichischen Regisseur Walter Felsenstein ein neues Kapitel in der Geschichte des Hauses. Felsenstein erhielt das Gebäude des ehemaligen Metropoltheaters von der sowjetischen Militäradministration mit dem Auftrag, darin ein Operettentheater zu installieren. Er dachte gar nicht daran. Der Name »Komische Oper« war listig gewählt. Mit der Arbeit Walter Felsensteins, der bis zu seinem Tode 1975 Intendant und Chefregisseur des Hauses war, erlangte die Komische Oper weltweite Anerkennung als Geburtsstätte des modernen Musiktheaters.
Im 60. Jahr des Bestehens dieses Hauses ist nun eine opulente Box herausgekommen, die alle Opernfi lme Walter Felsensteins beinhaltet. Vier Opernfi lme wurden im Auftrag des Deutschen Fernsehfunks der DDR bei der DEFA in Babelsberg aufgenommen: Offenbachs »Hoffmanns Erzählungen« sowie »Ritter Blaubart«, Janáčeks »Das schlaue Füchslein«, Verdis »Othello«. Der »Fidelio«-Film wurde schon 1956 in Wien (mit Außenaufnahmen) gedreht. Alle Filme sind in digitaler, aufwändig bild- und klangrestaurierter Fassung zu sehen und zu hören, in bunten Farben und brillantem Ton. Aufschlussreich sind vor allem auch die beiden Bühnenmitschnitte der Aufführungen von Mozarts »Die Hochzeit des Figaro« und »Don Giovanni« (man versteht beim Ansehen, warum Felsenstein nach eigenem Bekunden die Aufführung eigentlich vor der Premiere absetzen wollte). Für die besonders Neugierigen unter den Felsensteinverehrern gibt es reichlich Bonusmaterial, darunter faksimilierte Handschriften Walter Felsensteins, Bühnenbildentwürfe, Figurinen, Skizzen und Entwürfe, schriftlich eingerichtete Regieauszüge mit Tonbeispielen, historisches Tonmaterial mit Reden und Interviews von Walter Felsenstein, Wochenschauen und Filmausschnitte von diversen Felsensteininszenierungen, Drehbuchexzerpte, Konzeptschriften und Fotogalerien. Ungenauigkeiten der Beschriftung und fehlende exakte Datierungen sind allerdings bedauerlich.
Die zwölf DVDs sind in luxuriösem (aber unpraktischem) LP-Großformat präsentiert. Ein 100-seitiges Buch enthält viel biografisch Informatives, aber auch viel Weihrauch und Verklärung. Alte, zu DDR-Zeiten entstandene Felsensteinlegenden werden erneut aufgewärmt, nicht zuletzt auf Betreiben der »Erbengemeinschaft Walter Felsenstein«, in der sich der Kapitän und Schauspieler Christoph Felsenstein, der älteste Sohn des Regisseurs, besonders hervortut. Der Mythos Walter Felsenstein gerät beim neuerlichen Anschauen dieser Filme bisweilen ins Wanken. Für heutige Augen erscheinen die Regietaten Felsensteins doch mitunter etwas antiquiert und zeitgebunden, nicht nur was Dekor und Kostüme angeht. So manches wirkt unfreiwillig komisch. Auch die sängerischen Defizite der Felsensteinprotagonisten lassen sich nicht überhören. Fazit: Man ist hin- und hergerissen zwischen Berührtheit und Unbehagen. Wie auch immer man das filmische Erbe Walter Felsensteins bewerten mag, die Edition fördert jedenfalls eine längst überfällige, sachlich-kritische Auseinandersetzung mit der Regielegende Walter Felsenstein. Noch immer herrscht ein weithin falsches, wenn nicht gefälschtes Felsensteinbild vor.
Dieter David Scholz, 21.06.2014, RONDO Ausgabe 1 / 2008
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