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Die 40-Jährige ist eine typische Norwegerin. Beim Interview in einem feinen Hamburger Hotel trägt sie Jeans und eine Wollstrickjacke. Sie trinkt Tee (und nicht Cham pagner) und schaut ihrem Gesprächs partner direkt in die Augen. Ganz gleich, ob sie über ihre beiden Töchter, ihren Mann Heine Totland, ebenfalls Musiker, oder ihre Songs spricht, sie strahlt stets Ruhe aus.
Nur eins bringt sie aus der Fassung: die Ignoranz der Westeuropäer. „Wieso interessieren sich so wenige Menschen für die katastrophalen Zustände in Afrika?“, regt sie sich auf. „Die Mehrheit schaut weg – ohne zu helfen.“ Darum will die Sängerin aus Oslo ein Exempel statuieren: Sie spendet die Einnahmen für ihren Song „Let Me Be Troubled“ für ein neues SOS-Kinderdorf in Malawi. Den Text für dieses Lied – und all die anderen Stücke – hat abermals Silje Nergaards schottischer Lieblingsdichter Mike McGurk geschrieben: „Ich arbeite seit zehn Jahren mit ihm. Seine Poesie krönt meine Kompositionen.“ Gleichwohl fragt man sich: Kann sich ein 60- Jähriger tatsächlich in eine 20 Jahre jüngere Frau hineinversetzen? „Aber ja. Mike versteht mich sozusagen blind. Selbst wenn ich ihm nur Musik schicke, fühlt er, was der Titel sagen will.“
Somit ergänzen sich die beiden perfekt. Ab und zu gibt Silje Nergaard ihrem Lyriker ein, zwei Sätze als Anregung für ihre Songtexte. Die Komposition indes obliegt ihr allein. Zart haucht sie ihre Jazzpop-Nummern mit ihrem mädchenhaften Sopran dahin, manchmal werden die Arrangements mit Gospel- oder Latino-Elementen angereichert. Man kann das alles durchaus genussvoll hören, allerdings ist es nicht gerade der Stil, den man von einer echten Jazzerin erwartet.
Ach, diese Genrediskussionen, die mag sie eh nicht: „Warum soll ich mich auf eine Kategorie festlegen? Am ehesten sehe ich mich als Singer/ Songwriterin, die ein Faible für Jazz hat.“ Dann erzählt sie, wie inspirierend bildende Kunst für sie ist. Früher hat sie Skulpturen gemacht, ins Museum geht sie immer noch gern, vor allem in Edward-Hopper-Ausstellungen. Ohne sein Bild „Nighthawks“ hätte es wohl ihren Song „The Diner“ nie gegeben: „Mike und ich haben einfach die Geschichte eines Paares, das sich in einer Bar begegnet, weitergesponnen.“
Schade, dass ihre Jüngste diese Fantasie nicht hat. Am liebsten spielt sie Computerspiele – so - fern ihre Mutter das durchgehen lässt: „Kinder dür fen nicht ständig auf einen Bildschirm starren, sie müssen lernen, ihre Kreativität zu entfalten.“ Einerseits die beiden Töchter erziehen, andererseits als Musikerin immer einen Schritt weiter gehen, das ist gewiss nicht leicht. Doch Silje Nergaard möchte nichts missen, vor allem nicht die Tourneen: „Unterwegs lastet auf mir nicht diese Verantwortung, die ich zu Hause habe. Ich fühle mich wieder jung und frei.“
Dagmar Leischow, 19.07.2014, RONDO Ausgabe 4 / 2007
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