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N° 1354
20. - 29.04.2024

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Schätze für den Plattenschrank

Das Ohr der Moderne

So es denn sein gesundheitlich aktuell angeschlagener Zustand will, wird Pierre Boulez im nächsten Jahr seinen 90. Geburtstag begehen. Als „eine unbestechliche Instanz in unserer Musikwelt“ hat die Geigerin Carolin Widmann den Komponisten und Dirigenten bewundernd bezeichnet. Und genau diese kompromisslose Haltung haben immer auch seine Konzertprogramme und Aufnahmen widergespiegelt. Boulez verstand sich bis auf seine wenigen Ausflüge zu Berlioz und Wagner als Mann des 20. Jahrhunderts (zu dem er natürlich auch Mahler zählte). Genau deshalb setzte er sich genauso beharrlich für die Schönberg- Epoche ein wie für die französische klassische Moderne und Strawinski. Und selbstverständlich führte er nicht nur Stücke von befreundeten Kollegen, sondern regelmäßig seine eigenen epochalen Werke auf und schärfte so das Ohr des Abonnenten-Publikums für‘s Neue. Genau diese Bandbreite seines Schaffens und Denkens dokumentiert nun eine CD-Box mit allen Boulez-Einspielungen, die zwischen 1966 und 1995 für das Columbia-Label entstanden sind. Unter den Konzertund Opernaufnahmen (u.a. der Sensations-„Wozzeck“), die er mit den Spitzenorchestern aus New York, Cleveland und London sowie seinem Pariser „Ensemble intercontemporain“ gemacht hat, finden sich bis auf eine Ausnahme ausschließlich Boulez’ Herzenskomponisten. Tatsächlich hat ihn jemand dazu überreden können, Händel und dessen „Wassermusik“ aufzunehmen. Dass dies aber nicht seine Welt ist, wird überdeutlich am sonstigen kompletten Moderne- Kanon, der von Schönberg, Mahler und Ravel über Varèse und Bartók bis Berio, Messiaen und Elliott Carter reicht. Denn wie Boulez Tiefenschärfe herstellt, expansive Farbbögen spannt, das Gleißende und Bittersüße, das Kantige und zugleich wundersam Illuminierende im Komplexen hörbar macht, besitzt auch dank solcher fantastischen Sängersolisten wie Yvonne Minton, Jessye Norman und Walter Berry durchgehend Referenzcharakter.

The Complete Columbia Album Collection

Pierre Boulez

Sony

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Guido Fischer, 18.10.2014, RONDO Ausgabe 5 / 2014



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