home

N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Startseite · Interview · Gefragt

Sol Gabetta

Wettbewerbe sind großartig!

Wenn sie spielt, geht die Sonne auf. Ihr warmer und wohlklingender Celloton, den sie ihrem Guadagnini-Instrument entlockt, verrät viel über die lebensfrohe und optimistische Einstellung der argentinischen Virtuosin Sol Gabetta, die mit gerade mal 25 Jahren nun ihre erste Solo-CD vorgelegt.

Ein Interview auf Englisch? Das wäre bei Sol Gabetta die simpelste Lösung. Da hat die junge Cellistin doch weitaus schönere Idiome zu bieten. Wie wäre es mit Spanisch, der Sprache ihres argentinischen Vaters? Oder mit Französisch, ihrer – im wahrsten Sinne – Mutter- Sprache? Oder vielleicht Russisch, das sie zuerst bei den Großeltern mütterlicherseits erlauscht und später bei ihrem russischen Cellolehrer Ivan Monighetti perfektioniert hat? Man kann sich aber auch schlicht und einfach für Deutsch mit leicht schweizerischem Zungenschlag entscheiden. Auch wenn Sol Gabetta sagt, sie habe kein Problem, überall zu leben: Ihr Lebensmittelpunkt liegt heute in und um Basel – privat wie beruflich.
Wenn die Mutter Pianistin und der Bruder Geiger ist und dann die kleine Sol – der „Sonnenschein“ der Familie – eine große Begabung zeigt, dann scheint der weitere Weg vorgezeichnet: erstes Cello mit viereinhalb, Umzug der Familie nach Madrid, als Sol gerade einmal zehn Jahre jung ist. Mit 15 erneut ein Wechsel – diesmal in die Schweiz. Nicht, dass die Eltern Druck ausüben mussten: „Ich wollte schon erwachsen sein, als ich noch ein Kind war“, stellt Sol Gabetta klar. Dementsprechend legte sie sich ins Zeug und wurde mit zahlreichen Preisen belohnt. „Ich finde Wettbewerbe großartig“, schwärmt die 25-Jährige. „Man bereitet viel vor, man bekommt ein Kapital an die Hand. Es ist, als ob man ein Haus baut.“
Einer dieser Preise ist der „Crédit Suisse Young Artist Award“, den die Cellistin 2004 erhielt. Damit verbunden war unter anderem ein Auftritt mit den Wiener Philharmonikern im Rahmen der Luzerner Festspiele – immerhin mit Schostakowitschs zweitem Cellokonzert. Da traf es sich hervorragend, dass Sol Gabetta inzwischen Meisterschülerin bei David Geringas an der Berliner Hochschule Hanns Eisler geworden war. Er konnte nicht nur Infos zu Schostakowitsch aus erster Hand vermitteln, „er hat mich insgesamt sehr viel weitergebracht – menschlich und musikalisch.“ Im Februar dieses Jahres hat sie in Berlin ihr Diplom abgelegt, jetzt folgt das Leben in freier Konzertbahn.
Dafür ist Sol Gabetta bestens gerüstet – nicht nur durch die erste Solo-CD, die sie gerade herausgebracht hat. Als kleines Schmankerl spielt sie dort neben Tschaikowskys virtuosen Rokoko- Variationen und dem ersten Cellokonzert von Camille Saint-Saëns eine Rhapsodie ihres Landsmanns Alberto Ginastera. Auch hier schwingt ein bisschen Schweiz mit, denn der Argentinier komponierte das Stück am Wohnsitz seiner späten Jahre, in Genf, für seine zweite Frau Aurora.
Eine wundervolle Spielwiese hat sich die Cellistin jetzt ausgerechnet in Solsberg nahe Basel eingerichtet. Dort lockt seit diesem Jahr ein kleines Kammermusikfestival in die barocke Klosterkirche, das praktischerweise von Sols Lebensgefährten, einem Musikmanager, organisiert wird. Ein Festival wie dieses passt hervorragend zu Sol Gabetta. Da hat sie viele Menschen um sich und vor sich: „Ich brauche die Bühne, um mit dem Publikum zu kommunizieren.“ In diesem Fall nicht vielsprachig, sondern in der Sprache der Musik.

Neu erschienen:

Tschaikowsky, Saint-Saëns, Ginastera

Sol Gabetta, Münchner Rundfunkorchester, Ari Rasilainen

RCA/Sony BMG

Als JPC- und Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen.

Externer Inhalt - Spotify

An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.

Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.

Michael Horst, 13.12.2014, RONDO Ausgabe 4 / 2006



Kommentare

Kommentar posten

Für diesen Artikel gibt es noch keine Kommentare.


Das könnte Sie auch interessieren

Festival

Opernfestspiele Heidenheim

Inkas unterm Himmelszelt

Bei der 60. Ausgabe präsentiert das Opernfestival nicht nur Puccinis „Madama Butterfly“, […]
zum Artikel

Pasticcio

La Scotto

Meldungen und Meinungen der Musikwelt

Fast ein halbes Jahrhundert lang hat sie auf den Opernbühnen gestanden, bis ins durchaus stolze […]
zum Artikel

Hausbesuch

Festival Trame Sonore

Kammermusik als Gesamtkunstwerk

Erlesene Kammermusik in Kirchen und Renaissancepalästen bietet das Festival Trame Sonore in der […]
zum Artikel


CD zum Sonntag

Ihre Wochenempfehlung der RONDO-Redaktion

Externer Inhalt - Spotify

An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.

Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.

Der Komponist Giacomo Orefice (1865–1922) wuchs in einer jüdischen Familie im norditalienischen Vicenza auf und ist vor allem für sein Opernschaffen bekannt. Auch als Pädagoge macht er sich einen Namen, sein berühmtester Schüler war der Filmkomponist Nino Rota. Orefices bekanntestes Musiktheaterwerk ist „Chopin“, für das er die Klavierwerke des polnischen Komponisten orchestrierte. Seine eigene Klaviermusik umfasst überwiegend romantische Charakterstücke, die von Gedichten, […] mehr


Abo

Top