Die Stadt ist laut und afrikanische Daumenklaviere sind, auch wenn man einen Kürbis als Resonator verwendet, leise. Sie mussten elektrifiziert werden und die Verstärker bauten die Musiker in ihrer Not, sich Gehör zu verschaffen, selbst. Die zunächst unerwünschten Verzerrungen wurden bald billigend in Kauf genommen und dann als Stilmittel eingesetzt. Es entstand eine harte Variante der traditionellen Trance-Musik, die sich zu ihr verhält wie etwa Hardrock zu ländlichem Blues. Mit „Congotronics“ (Craw 27/Zyx), der vor einem Vierteljahrhundert gegründeten Band Konono N°1 – sie trommelt auch auf Töpfen, Pfannen und Autoteilen –, eröffnet das Label CramWorld eine Serie über diese Musik der Vorstädte Kinshasas.
Nigerias Stimme der Besitzlosen war der vor acht Jahren verstorbene Fela Kuti, ein Freiheitskämpfer, der seinen Zorn gegen Korruption, Gewalt und Unterdrückung mit so viel Vehemenz und weltweiter Wirkung in Musik packte, dass die Militärregierung regelrecht gegen ihn Krieg führte. Das ging so weit, dass die Soldaten in seiner Kommune zerstörten und vergewaltigten, ja seine Mutter aus dem Fenster warfen, die an den Folgen starb. Eine gute Einführung in das Schaffen des umstrittenen Sängers, Saxofonisten, Keyboarders und „Unruhestifters“ bietet „The best of Fela Kuti. Music is the weapon“ (Wrasse records Wrass132/harmonia mundi). Die Box besteht aus zwei CDs und der DVD eines 1982 entstandenen Dokumentarfilms, der vor allem die politische Dimension beleuchtet, die thematisch ja auch seine Lieder bestimmt.
Der zornige junge Mann kämpfte gegen die Folgen des Kolonialismus. Da in Afrika Ländergrenzen Völker voneinander trennen, vertrat er den Panafrikanismus. Christentum und Islam erlebte der Sohn eines Pastors nur als eine Gehirnwäsche, die eine Ausbeutung der Afrikaner erleichtert. Der Film zeigt schon seine Hinwendung zu einer originär afrikanischen Spiritualität, die seine letzten Jahre bestimmen sollte. Über seine musikalische Bedeutung erfährt man wenig. Fela Kuti war aber der Schöpfer des Afro-Beat, der Wurzeln im High Life, Jazz, Soul und traditioneller afrikanischer Musik hat. Typisch war der antiphonische Gesang – mit den über 20 Frauen des Chors war Kuti verheiratet -, mit dem Kuti, den Rap vorwegnehmend, seine Polemik in Pidgin English vortrug.
In die Zusammenstellung selbst ging viel Sorgfalt ein (viele Stücke mussten allerdings gekürzt werden), so dass man sich wundert, wie man hier auf die Namen der wichtigsten Musiker (Drummer Tony Allen!), Daten (viel aus den 70ern) und Kommentare zu den einzelnen Songs verzichten konnte. So bleibt oft unverständlich, was den „afrikanischen Bob Marley“ im Einzelnen umtrieb.
80% der Bulgaren sind arm, 20 % arbeitslos, und 80 % der Arbeitslosen bildet die Gruppe der seit je diskriminierten Roma. Seit je bot ihnen das Musizieren hier und allenthalben auf dem Globus eine der wenigen Aufstiegschancen, auch wenn ihnen in Zeiten der Diktatur, als die Nicht- Existenz von Minoritäten staatlich diktiert wurde, nicht erlaubt war, ihre eigenen ethnischen Traditionen zu pflegen. Not macht erfinderisch – doch das Gegenteil davon stimmt auch. Martin Lubenov, der junge atemberaubende Virtuose auf dem Akkordeon, stammt aus einer relativ gut gestellten Familie; schon der Urgroßvater war Trompeter des Zaren. Er öffnete sich den Einflüssen aller angrenzenden Staaten und entfernterer Gefilde, wie dem argentinischen Tango, der französischen Musette, dem Jazz und den musikalischen Wohlgerüchen Arabiens. Dafür klingt das mit Sängern, Bläsern und Saitenspringern ausgestattete Martin Lubenov Orkestra auf seinem Album „dui droma / two roads“ (connecting cultures CC 50018/Choice music) eher balkanisch bodenständig als wie ein Gemischtwarenladen. Es zeugt von jenem weltoffenen Geist der Roma, die mit begeisternder Spiellaune musikalische Grenzen einfach wegfegen.
Marcus A. Woelfle, 25.04.2015, RONDO Ausgabe 1 / 2005
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