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Christoph Eschenbach (c) Eric Brissaud
Gerechtigkeit für Nico Dostal? Naja, der Komponist der „Clivia“ erfährt zwar derzeit eine leichte Neubewertung. Trotzdem würde sich an „Die ungarische Hochzeit“ kaum ein deutsches Operettenhaus die Finger schmutzig machen. Uraufgeführt 1939, sollte das Werk die „Csárdásfürstin“ ersetzen, die wie alle Werke des jüdischen Emigranten Emmerich Kálmán von den Spielplänen verbannt waren. Kein Einzelfall! Doch ähnlich wie bei Fred Raymonds „Saison in Salzburg“ (komponiert als Ersatz für das jüdisch inkriminierte „Im weißen Rössl“) fiel dem Auftragskomponisten wenig ein. In „Heimat, deine Lieder“ tümelt’s klischeetrötend magyarisch. Die Puszta-Mädels, verschachert an dörfliche Kolonisten, werden als reinstes Menschenmaterial behandelt. Und die titelgebende „Ungarische Hochzeit“, auf Betrug hinauslaufend, zeichnet ein abwertendes Bild ungarischer Bräuche. Dass Kaiserin Maria Theresia (Dolores Schmidinger) als 3. Akt-Komikerin verulkt wird, dieser antiösterreichische Affekt fiel nicht einmal Regisseur Leonard Prinsloo auf. Bei den Operetten-Festspielen von Bad Ischl muss er sich voll auf die schneidig resche Regina Riel (als Janka) und auf den vorbildlich schmierigen Jevgenij Taruntsov (Graf Bárdóssy) verlassen. Orchester und Buffo-Darsteller kosten den Hit des Werkes „Kleine Etelka, sag doch bitte ja“ schön aus. Beim Lehár-Festival in Bad Ischl wird eben ausgegraben streng nach musikalischen Liebhaber-Aspekten – und nicht politisch korrekt. Dafür folgt nächstes Jahr Leo Falls „Rose von Stambul“ und 2017 Kálmáns „Kaiserin Josephine“. Nichts wie hin!
Ins Wiener Café Imperial kehren die Stammgäste nach der Renovierung immer noch zögerlich genug zurück. Oder liegt’s daran, dass die Opernsaison so lahm anfängt? Im Theater an der Wien versprechen Marschners „Hans Heiling“ (mit Angela Denoke, ab 13.9.), in der Staatsoper ein rumänisch-russischer „Macbeth“ (mit George Petean und Tatjana Serjan, ab 4.10.) und in der Volksoper „Im weißen Rössl“ (ab 4.9., immerhin mit Daniel Prohaska und Sigrid Hauser) eher Hausmannskost. Wir hängen daher im Kaffeehaus den großen, letzten Fragen nach. Warum gibt es so wenig homosexuelle Orchestermusiker? Weshalb leiden Sänger oftmals an Ess-Störungen und, ausgerechnet: an Rauchgelüsten? Warum gibt es kaum bärtige Dirigenten? Für letzteres mag man noch Gründe finden. Auf die Mimik kommt’s an! Trotzdem besaßen große Dirigenten früherer Zeiten – zugleich Gäste des Hotel Imperial – beachtliche Ziegenbärte (Hans von Bülow), Moustaches (Arturo Toscanini) und sogar Wucherkoteletten (Richard Wagner).
Anfang Oktober gastiert im Musikverein ein Ausnahme-Meister mit deutlichem Bartansatz. Riccardo Chailly mit dem Gewandhausorchester präsentiert sogar zwei Solisten mit Gesichtsbewuchs: Flaumträger Radu Lupu (5.10.) und Goatie-Fan Christian Tetzlaff (7.10.), beide mit Mozart. Im Konzerthaus läutet David Zinman bei den Wiener Symphonikern Bart-Wochen ein – mit Janine Jansen, die zum Ausgleich für fehlende Kinnvegetation das Rauschebart-Violinkonzert von Brahms spielt (9./10.10.). Mit Valery Gergiev schließt sich am 12.10. ein modischer Rasputin an (noch mit dem London Symphony Orchestra, bevor dort die rasierte Ära von Simon Rattle eingeläutet wird). Die Wiener Philharmoniker tanzen in beiden Sälen mit Christoph Eschenbach haartechnisch aus der Reihe (26./29.9.). Doch Eschenbach, mit Bekenntnis zur Glatze, erklärte mir die haarliche Invarianz seines Erfolgs vor einigen Jahren plausibel mit den Worten: „Ich habe meine Karriere nicht auf Frisurfragen aufgebaut.“ Wohl ihm. Ober, zahlen!
Robert Fraunholzer, 29.08.2015, RONDO Ausgabe 4 / 2015
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