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Hamlet mit happy end?! Kein Problem, man lässt einfach den Dänenprinzen am Ende des 5. Aktes zum König krönen. So geschehen in Ambroise Thomas’ Shakespeare-Oper »Hamlet«. Merkwürdig, dass sich das Meisterwerk bei uns nie wirklich durchgesetzt hat. Spielt man es trotzdem, so wie jetzt herrlich in Wien, dann klebt man gerne das tragische Ende an, welches der Komponist für eine Londoner Produktion schamhaft hinzu komponierte. Hier rammt Hamlet dem ruchlosen König noch schnell das rächende Messer in den Leib, bevor er selber das Zeitliche segnet. Klappe zu. Hamlet tot. Trotz solch g’schamigem Editions-Feigenblatt gelingt am Theater an der Wien eine fabelhaft flitterige, den Edel-Plunder dieses Shakespeare-Spaßes superbschmissig aufbügelnde Lehrstunde in französischer Oper. Marc Minkowski ist seit langem der idiomatischste, eleganteste Zirkusdompteur dieser nicht zimperlichen Effekt-Musik. Leider wird er bei CDs meist nur mit Barock-Repertoire betraut (was andere ebenso gut können). Für Meyerbeer, Offenbach, Thomas und französischen Donizetti indes trifft niemand den Ton charmanten Budenzaubers so robust schwungvoll. Wo Minkowski sein dickes Händchen französisch durch die Lüfte schwingt, ist die Aufführung oft jede Reise wert. Auch hier. Seinem Lieblingsregisseur Olivier Py ist zwar im Fall von »Hamlet« wenig mehr eingefallen als ein geschmackvolles Bekenntnis zum Dekor. Aber schon das ist heutzutage was! In mobiler Backstein-Gotik (Ausstattung: Pierre-André Weitz) trifft man Hamlet irgendwo zwischen Horace Walpole und Webbers »Phantom der Oper« – wo er hingehört, so sehr verbilligt wie das Drama bei Thomas rüberkommt. Samtig-sonor singt Stéphane Degout (Hamlet), wir vermuten: die Aufführung seines Lebens! Fantastisch!! Auch Christine Schäfer (Ophélie) ruft ätherische Unterwelts- und Jenseitstöne in sich wach wie nie. Stella Grigorian schärft rasierklingenkrass die Krallen und Phillip Ens (Claudius) bläht die Nüstern wie ein nervöses Reitpferd. Als barbrüstiger Geist von Hamlets Vater zeigt Jérome Varnier die Gültigkeit eines alten Theatergesetzes, das da lautet: »Fleisch gehört in die Auslage!« Wo früher weibliche Oberweiten für tieflotende Decolletées sorgten, erteilen männerliebende Regisseure heute ihren Darstellern striktes Shirt-Verbot. Man kann es auch übertreiben! Trotzdem: ein klarer Anwärter auf die Aufführung der Saison!
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Der Komponist Giacomo Orefice (1865–1922) wuchs in einer jüdischen Familie im norditalienischen Vicenza auf und ist vor allem für sein Opernschaffen bekannt. Auch als Pädagoge macht er sich einen Namen, sein berühmtester Schüler war der Filmkomponist Nino Rota. Orefices bekanntestes Musiktheaterwerk ist „Chopin“, für das er die Klavierwerke des polnischen Komponisten orchestrierte. Seine eigene Klaviermusik umfasst überwiegend romantische Charakterstücke, die von Gedichten, […] mehr