Startseite · Konzert · Da Capo
(c) Jens Großmann
Als der Wuppertaler Generalmusikdirektor Toshiyuki Kamioka sich vor zwei Jahren zum Opern-Intendanten krönen ließ, schaffte er erst das Ensemble ab und spielte dann nur noch angestaubte Tournee-Produktionen. Der Schuss ging nach hinten los. Kamiokas Nachfolger Berthold Schneider hat nun wieder ein neues Ensemble aufgebaut und einen Spielplan mit Eigenproduktionen entwickelt.
Beim Auftaktwochenende werden die programmatischen Eckpfeiler sinnlich erfahrbar. Bewusst steht „Three Tales“, eine Video- Oper von Steve Reich und Beryl Korot, am Anfang, ein legendäres Werk, das bislang nur auf Festivals zu sehen war. Das Publikum sitzt auf der Bühne, auf zwei Leinwänden läuft das minutiös getaktete Video, das von drei einschneidenden Ereignissen des 20. Jahrhunderts erzählt: der Hindenburg-Luftschiff-Katastrophe, den Atombombentests auf dem Bikini-Atoll und dem Klonen des Gen-Schafs Dolly. Steve Reichs Video-Oper wirkt taufrisch und durchaus repertoirefähig. Eine echte Entdeckung.
Der zweite Schlag gelingt am Folgetag: Jacques Offenbachs „Hoffmanns Erzählungen“ lässt Schneider von gleich vier namhaften Regisseuren erzählen. Charles Edwards, Nigel Lowery, Christopher Alden und Inga Levant zeigen vier Sichten auf das Musiktheater und übertrumpfen einander in Sachen Bildfantasie. Nach dem turbulenten Prolog mit einer dauertrunkenen Dramaturgin setzt Nigel Lowerys Regie für den Olympia-Akt auf expressionistische Comic-Optik mit Olympia als durchgeknallter Monster-Braut. Christopher Alden konzentriert den Antonia-Akt mit Anklängen an das Horror-Genre auf ein Psychodrama in schwarz-weißer Ästhetik. Inga Levant schließlich verlegt den Venedig-Akt in ein Doktorspiel-Kabinett mit Giulietta im Latex- Mini. Das alles ist ungeheuer kurzweilig, bildermächtig und in Sachen Personen-Führung penibel durchgearbeitet. Das sängerische Niveau ist famos, insbesondere Mickael Spadaccini glänzt in der mörderischen Titelpartie mit Tenor-Strahl und delikater Diktion. Dirigent David Parry im Graben drängt rastlos vorwärts und entlockt dem Sinfonieorchester Wuppertal eine Fülle kostbarer Farben und funkelnde Brillanz. Ein furioser Auftakt.
Regine Müller, RONDO Ausgabe 5 / 2016
Jedes Orchester hat seinen speziellen Fingerabdruck. Die Berliner Staatskapelle hat laut einem […]
zum Artikel »
Alle Jahre bietet das altehrwürdige Auktionshaus „Sotheby’s“ in London auch kleinere […]
zum Artikel »
An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.
Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.
Olivier Messiaens Turangalîla-Sinfonie zählt ohne Zweifel zu den eindrücklichsten und gewaltigsten Monumenten der Sinfonik des 20. Jahrhunderts. Dieses mit 80 Minuten überlange Monstrum von Sinfonie spielt man nicht ohne Weiteres – weder live im Konzertsaal, noch auf CD ein. Und so war es durchaus ein Ereignis, als das Mannheimer-Nationaltheaterorchester unter der Leitung seines Chefdirigenten Alexander Soddy diesen Meilenstein in Prä-Corona-Zeiten dank Spendenunterstützung als […] mehr »