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(c) Werner Kmetitsch
Dass Hitler den Komponisten Werner Egk in der Pause von dessen neuer Oper „Peer Gynt“ 1938 als „einen würdigen Nachfolger Richard Wagners“ bezeichnete, hat jenem kaum genützt. Man begegnet Egks Werken selten. So wie Léo Hussein sein Hauptwerk dirigiert und Peter Konwitschny es inszeniert, würde indes kein Mensch einen ‚tümlichen’ oder völkischen Hintersinn wittern. Aus seiner musikalischen Bewunderung für Kurt Weill macht Egk kein Geheimnis. Jazz- und Tango-Klänge hat er den Nazis untergejubelt, mit der Ausrede, es gälte die Troll-Welt zu karikieren. Auch hat Egk als Textdichter seinen Ibsen keineswegs rassistisch umgebogen. Die Aufführung am Theater an der Wien lehrt: Vor „Peer Gynt“ muss sich kein Mensch mehr ideologisch fürchten.
Konwitschny, nach Jahren mit eher schwächelnder Kondition, interpretiert die Troll- Welt als Einkaufsparadies einer kapitalistischen Schnäppchen-Hölle; ähnlich wie man es in der DDR sah. Immer deutlicher wird, wie sehr Konwitschny von Brechts V-Effekt zehrt. Wo ein Haus gebaut wird, muss dies die Größe einer Hundehütte haben (Ausstattung: Helmut Brade). Wo ein Schiff explodiert, geht eine Strich-Zeichnung in Flammen auf. Die großen Tage dieses Regisseurs mögen zurückliegen. Für ‚Problemstücke’ (zuletzt: Rihms „Eroberung von Mexiko“ in Salzburg) ist er immer noch eine gute Wahl.
Vater Franz Konwitschny dirigierte einst Egks „Revisor“ an der Ost-Berliner Staatsoper; es gibt für den Sohn also sogar einen biografischen Bezug. Mit Bo Skovhus leiht ein langjähriger Weggefährte dem Abenteurer seinen immer noch männlich festen, resterotischen Barihunk- Bariton. Maria Bengtsson (Solveig/Die Rothaarige) klingt immer mehr wie eine Erbin Elisabeth Schwarzkopfs. Rainer Trost (Der Alte/ Trollkönig) scheint auf dem Wege ins Charakterfach. Nur Natascha Petrinsky ist mit dem Dritten schwarzen Vogel besser bedient als mit der Aase. Eine überaus lohnende Begegnung. An Egk haben wir vielleicht nichts gutzumachen. An „Peer Gynt“ schon.
Robert Fraunholzer, RONDO Ausgabe 2 / 2017
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