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N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Stilvolles Kennenlernen: So möchte man klassischer Musik im Netz begegnen (c) Screenshot

Pasticcio

Fundgrube Internet

Dass das Internet durch die ständige Bereitstellung aller Arten von Medien – vom zeitlich begrenzten Schnappschuss von was auch immer bis hin zum den Pflichtaufschub fördernden Filmchen – unsern Umgang mit unserer Zeit und das Verhältnis von analoger und digitaler Wirklichkeit auf den Kopf gestellt hat, ist aus eigener Erfahrung hinreichend bekannt. Immer mehr und immer schneller. Aber wie sieht es im Falle klassischer Musik aus? Hier, wo Sich-Zeit-nehmen erst der Schlüssel zur Wunderkammer inneren Erlebens ist? Der Verband der Musikindustrie sah in den letzten Jahren mit Verweis etwa auf skandinavische Länder die Deutschen trotz steigender Tendenz noch immer als Entwicklungsland digitaler Musiknutzung. Und beklagte, dass die Nutzung des unerschöpflichen Fundus von YouTube auch im Sektor der Klassik auf dem Vormarsch sei, in Form von Musikvideo-Playlists als niederschwellige Dauerberieselung. Und vor allem ohne Verwertungszugriff durch die Industrie, das ist ja das Ärgernis! Warum bezahlen für etwas, das in Fülle und gratis vorhanden ist?
Dabei ist einer der gewichtigsten Gründe, der für Endverbraucher gegen das lustvolle digitale Erlebnis der Klassik spricht, dass die oft aus Kontexten herausgelösten Inhalte, oder auch am Pop orientierten Datenbanken für das Stöbern in klassischen Gefilden unbrauchbar sind. Als eines der ersten Unternehmen zog seinerzeit Apple dagegen zu Felde und krempelte seine Datenmasken aufwendig und klassiktauglicher um. Gegen den Musikgiganten Spotify hat sich von Frankreich ausgehend der hörgenussaffine Streaming- und Downloaddienst Qobuz in Stellung gebracht. Und in Sachen Video? Da gibt es inzwischen arte Concert. Und seit rund einem Jahr auch takt1.
Die in Dortmund von Konzerthaus-Intendant Benedikt Stampa und Musikjournalismus-Professor Holger Noltze 2014 ersonnene, vergangenes Jahr ins Leben gerufene und nun in neuem Layout erstrahlende Plattform hat sich zum Ziel gesetzt, das digitale Erlebnis klassischer Musik neu aufzurollen. Die gratis zu testende, aber erst im Bezahl-Abo vollends zu genießende Website www.takt1.de versteht sich als kompetentes Trüffelnäschen, um dem Nutzer den zersplitterten Schatz klassischer Musik im Internet kuratiert und in den Kontext eingeordnet anzubieten. Dazu legt sich die Website wie eine Schaltzentrale über das externe Angebot, das sie verknüpft und im eigenen Layout aufbereitet präsentiert. Im Mittelpunkt stehen Musikvideos, sowohl von YouTube, als auch von arte Concert und in steigendem Maße weiteren Kooperationspartnern wie Orchesterverlagen. Über den Videos finden sich einleitende Beschreibungen, flankiert wird das Ganze von Links auf weiterführende Artikel bei Wikipedia, kammermusikfuehrer.de oder den Noten auf imslp.org. Auch eine Spotify-Suchfunktion wird angeboten, die beim Test an Einzelsätzen größerer Werke sehr wechselhafte Ergebnisse lieferte. Garniert wird das Angebot mit Beiträgen zur Musikgeschichte, einzelnen Werken oder auch mal Essays zum Tagesgeschäft.

Carsten Hinrichs



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