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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Tony Bennett & Co.

Der Charme der alten Herren

Irgendwann entdecken die meisten Sänger den Swing für sich. Manche früher, andere erst mit 65. Von Ralf Dombrowski

Zu den früh Erweckten gehört Harry Connick Jr. zum Beispiel. Andere brauchen eine Weile, um festzustellen, dass der Sound der Entertainment- Jahre des Jazz über das Show-Element hinaus seinen Reiz hat. „Ich war verblüfft“, meint Chris Thompson, der als Stimme von Manfred Mann’s Earth Band seine Spuren im Pop-Geschehen hinterlassen hat. „Ich bin zu der Session im Studio erschienen und hatte das Gefühl, dass diese Lieder schon immer zu mir gepasst haben“. Es sind Songs von Duke Ellington oder Hoagy Carmichael, Glenn Miller oder den Four Aces, die er mit zuweilen geigenumwölkten Big-Band-Klängen festgehalten hat, smart arrangiert und ein wenig brav in ihrer Anmutung.
Da hat Kollege Van Morrison mehr Biss, zumal sich für ihn der Swing hinter Soul und einer Prise Blues versteckt. Immerhin sieben Jahre älter als Thompson, gibt der Eigenbrötler aus Belfast das Motto „Born To Sing: No Plan B“ aus und präsentiert sich bodenständiger denn je. Er hat noch immer Wut im Bauch, greint mit der für ihn typischen Lakonik Kommentare zur Bankenkrise oder zum politischen Populismus, flankiert von orgelgetöntem, bläsergarniertem Bandsound, „close enough to jazz“ und stellenweise tief im Blues verankert. Das hat etwas raubeinig Verstocktes und einen Nachdruck, den man Van Morrison auch nach bislang 52 Alben noch glaubt.
Und er hat da etwas mit Tony Bennett gemeinsam. Noch einmal deutlich älter als bei beiden Greenhorns dieser Runde, lässt es sich der New Yorker Crooner nicht nehmen, mit jungem Personal auf die Bühne zu gehen. Teil drei seiner Duett-Aufnahmen bringt ihn mit Stimmen der spanischsprachigen Welt zusammen. Gloria Estefan und Thalia gehören zu seinen Vokalpartnern ebenso wie Juan Luis Guerra und Vincente Fernández. Das hat Schmalz, mit großem Orchester und Big Big Band gespielt, und dieses Pathos, das man einst nur den Säulenheiligen der Zunft wie Frank Sinatra durchgehen ließ. Aber Tony Bennett darf das, mehr noch: Er soll. Das ist Amerika, klischeehaft wie der alljährliche Weihnachtsfilm aus Hollywood und gerade recht zum Schwelgen.

Viva Duets

Tony Bennett

Smi Col/Sony

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Born To Sing: No Plan B

Van Morrison

Blue Note/EMI

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Do Nothing Till You Hear From Me

Chris Thompson

Connector/In-akustik

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30.11.1999, RONDO Ausgabe 6 / 2012



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