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Intimer Rahmen, grandiose Aussichten: Das Festival Internacional de Música de Marvão © FIMM
Stille. Und Weite. Schier endlose Weite. Vor allem des Nachts, wenn es hier im Osten des Alentejo wirklich stockfinster ist und allein die Sterne am Himmel leuchten – dies aber in einer Intensität, die wir in unseren lichtverschmutzten Regionen Mitteleuropas längst nicht mehr kennen. Und die nicht allein den Großstädter demütig innehalten und über Licht, Schatten und Finsternis sinnieren lässt.
Als Christoph Poppen vor acht Jahren auf einer Radtour mit seiner Frau Juliane Banse und Freunden das portugiesische Hinterland durchstreifte, waren der Dirigent und die Sängerin fasziniert von dieser Ursprünglichkeit. Als das Künstlerpaar dann auch noch nach Marvão kam und von dem mittelalterlichen, auf einem 843 Meter hohen Felsplateau gelegenen Örtchen die Blicke über die hügelige Landschaft schweifen ließ, haben sich beide auf Anhieb in diese größte Provinz des Landes und die malerische Festung verliebt. Und wie das so ist bei frisch Verliebten, spielen einem die Sinne da manchmal einen Streich …
So fand sich die Familie kurze Zeit später als Eigentümer eines Hauses in einer der engen, gepflasterten Gassen der Kleinstadt wieder. „Völlig irrational“, lächelt Poppen. Und doch leuchtet das Glück in seinen Zügen – und wer einmal in dieser bevölkerungsärmsten Region des Landes zu Gast war, die sich vom Atlantik bis an die spanische Grenze erstreckt und wo die wenigen Menschen ihr Brot vor allem in den zahllosen Olivenbaumplantagen, Korkeichenwäldern, Weinhängen und Getreidefeldern verdienen, der kann den 62-Jährigen nur zu gut verstehen.
Kein Wunder also, dass der Wahl-Bayer darüber nachsann, wie sich dieses Glück der Landschaft und der Stille noch steigern ließe. Und angesichts des idyllischen Burghofes im nördlichen Teil der Festung die Idee eines Festivals gebar. Bei der Premiere 2014 hielten noch Wäscheklammern die fliegenden Notenblätter – inzwischen sind nicht nur die Noten fest „verankert“, sondern auch das Festival Internacional de Música de Marvão hat ob seiner atmosphärisch ganz besonderen Spielstätten einen herausragenden Platz in Europas sommerlicher Festspiel-Landschaft.
Denn ob nun auf den Festungsmauern mit Blick in die portugiesische Tiefebene wie in die spanische Extremadura, in der nur mit Kerzen erleuchteten Zisterne oder beim Festival-Ausflug in eine der sehenswerten Kirchen im nahen Valencia de Alcántara: Stets stimmt Poppen das Programm gekonnt auf Atmosphäre und Akustik der Räume ab, lädt „sein“ Kölner Kammerorchester ebenso ein wie traditionelle Musiker aus dem Alentejo oder begleitet die sonntägliche Messe mit sakraler Musik. Und vergisst nie, dass der Zauber dieser Landschaft nicht zuletzt der Stille entspringt – und sei es auch jener zwischen den Sätzen der Musik.
20. – 29. Juli 2018
www.marvaomusic.com
Christoph Forsthoff, 02.06.2018, RONDO Ausgabe 3 / 2018
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