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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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...weil sie stets mit Geräusch verbunden: Wieviel Musik darf sein in der Wohnung? (c) pixabay.com

Pasticcio

Ruuuuuhhhheeeeee!

Musik und die liebe Nachbarschaft – das ist ein Thema, zu dem bestimmt jeder aus eigener leidvoller Erfahrung etwas beisteuern kann. Doch selbst in Zeiten, als es noch keine offizielle Nachtruhe gab oder Dezibel-Richtlinien, konnten Stadtbewohner fuchsteufelswild werden, wenn selbst ein verständiger Musicus wie Joseph Haydn sich mal einen kleinen nächtlichen Spaß erlaubte. So soll er sich bei nächtlichen Serenaden auch als Straßenmusikant betätigt haben. Und folgt man dem Haydn-Biographen Hans-Josef Irmen, muss es bei diesen nächtlichen Unterhaltungsmusiken oftmals hoch her gegangen sein. In einem Wiener Quartier spielte „die Nachtmusik, zu der Haydn verschiedene Musiker engagierte. Haydn verteilte sie vor mehreren Häusern und in den Winkeln. Auf der hohen Brücke stand der Paukenschläger. Jeder erhielt den Auftrag, zu spielen, was immer er wollte. Kaum hatte das kakophonische Konzert begonnen, öffneten die erstaunten Bewohner des Tiefen Grabens die Fenster, und schimpften, zischten und pfiffen über die verdammte Höllenmusik.“
Glücklicherweise gingen die in ihrem verdienten Schlaf Gestörten jedoch mit dem Übeltäter nicht so bis zum Äußersten ins Gericht, wie es gerade erst in Berlin vorgemacht wurde. Da nämlich hatte ein Mann seinen Nachbarn aufgefordert, die Musik etwas leiser zu drehen. Die Antwort kam prompt: Statt auf die Bitte einzugehen, zückte der Nachbar erst Pfefferspray und dann ein Messer, mit dem er auf den Bittsteller losging. Ein klarer Fall für die Polizei.
Solche Auseinandersetzungen über Lärmbelästigung gehören schon längst dort zum Alltag, wo die Musik noch nicht aus der Konserve kommt, sondern noch richtig handgemacht nervt. Schlagzeugspielende Jungen in der Mietwohnung in einem Mehrfamilienhaus haben da ebenso zu Gerichtsterminen geführt wie die brav die Violine kratzende bzw. übende Tochter des Hauses. Im Fall eines Profi-Trompeters ist die ganze Akte jetzt sogar bei der höchsten bundesdeutschen Instanz gelandet. Aktuell müssen die Zivilrichter des Bundesgerichtshofes sich mit der von den Nachbarn eingereichten Klage beschäftigen, der hauptberuflich beim Staatstheater Augsburg tätige Trompeter solle endlich sein Haus besser dämmen, damit man nicht ständig vom Trompetenlärm auch seiner Schüler gestört wird. Seit Jahren beharken sich darüber die beiden Parteien. Doch eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung konnte selbst das Landgericht nicht herstellen. Nun muss also das BGH am 24. Oktober letztinstanzlich Recht sprechen. Danach erklingt auf jeden Fall ein Freuden-Tusch – wobei die Frage bleibt, welche von beiden Seiten den dann anstimmen darf.

Guido Fischer



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