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(c) Harald Hoffmann/DG
Im immer rasanteren Musikbetrieb sind Jubiläen wie dieses schon eine Besonderheit. Und man kann es tatsächlich fast nicht glauben, dass seit Anne-Sophie Mutters erster Aufnahme – damals unter Leitung ihres Mentors Herbert von Karajan – tatsächlich vier Jahrzehnte ins Land gestrichen sein sollen. Umso interessanter ist es, jetzt nochmal ein Ohr in die klingende Retrospektive zu werfen, die neben Konzerten von Mozart, Bruch, Beethoven und Mendelssohn auch einen Ausschnitt vom Wettbewerb „Jugend musiziert“ aus dem Jahr 1974 enthält. Wie die meisten Künstler zählt zwar auch Mutter zu jenen, die zuhause am Kamin nicht unbedingt die eigenen Platten auflegen. „Dann doch lieber Jazz oder Filmmusik.“ Aber den Fans wird der Blick auf diese Momentaufnahmen einer Weltkarriere dennoch gerne gewährt. „Dass ich vieles heute in Teilen anders sehe, ist klar. Schließlich ist im Idealfall jedes Konzert eine Neuerfindung.“ Was sich seit ihrer Zeit mit dem CD-Pionier Karajan jedoch nicht geändert hat, ist für Mutter der Anspruch des Labels an die bestmögliche Klangqualität. „Ich hatte das große Glück, dass ich mit Karajans Toningenieur Günter Hermanns groß wurde. Da wusste man immer, dass man ein Aufnahmeteam hat, auf das man sich verlassen kann. Dieses Gefühl habe ich auch jetzt, wenn ich mit Bernhard Güttler arbeite.“
Die ständige Verfügbarkeit von Musik im digitalen Zeitalter ist für Mutter grundsätzlich ein schönes Konzept. Doch hat sich für sie durch die veränderte Abspielästhetik auch das Gespür für die dynamische Bandbreite geändert, wodurch gerade die klassische Musik vieles einbüßt. Die Gretchenfrage, ob Live oder Studio, beantwortet sie ohne lange zu überlegen. „Ganz klar live, ich bin niemand, der durch Wiederholen besser wird. Wenn man zu lange bastelt, verliert es letztlich nicht nur den musikalischen Bogen, sondern ebenso die spontane Empfindung.“ Auch hier lebt die Karajan-Tradition weiter. „Ich habe bei ihm nie erlebt, dass das Orchester auch nur eine Sekunde an Spannung verloren hat. Und das spüre ich bis heute, wenn ich alte Aufnahmen von ihm höre oder sehe. Selbst wenn sich die Klangästhetik über die Jahre gewandelt hat.“
Die Treue zu ihrem Label erklärt sich für die Geigerin vor allem aus dem gegenseitigen Respekt in der Zusammenarbeit. „Manchmal gibt es da natürlich auch Kämpfe. Gerade, wenn es um modernes Repertoire geht. Aber für mich als Künstlerin ist es eben wichtig, diese ganze Bandbreite zu zeigen. Denn das Vergrößern des Horizonts ist auch eine Art Vermächtnis an die nächste Generation, der wir mit diesen Partituren neuen Denkstoff geben.“ Und wer Anne-Sophie Mutter kennt, weiß, dass sie sich von jeher noch weit über die Uraufführung hinaus für neue Kompositionen stark gemacht hat. So etwa bei Krzysztof Penderecki, dem eine weitere aktuelle Veröffentlichung gewidmet ist. „Da ist die ‚DG‘ ein guter Partner. Und ich denke, auch ich bin ein guter Partner, weil ich eine sehr neugierige Musikerin bin und vorgeblich vorgegebene Grenzen gerne ignoriere. Das macht es für beide Seiten spannend.“
DG/Universal
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