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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Das Leipziger Schumann-Haus (c) Andreas Schmidt/Leipzig Tourismus und Marketing

Pasticcio

Blumen für Clara

2019 ist auch das Jahr des Bockshornklees und der Chrysantheme, des Drachenkopfs und des Schmuckkörbchens. Doch diese hübschen Sommerblütler werden nicht deshalb gefeatured und in den Parkanlagen Leipzigs eifrig ausgesät werden, weil sie etwa auf der roten Liste stehen würden. Zusammen mit rund 30 weiteren Blumenarten sollen sie einem musikalischen Jubiläumsjahr eine olfaktorische Note verleihen. 2019 ist Schumann-Jahr. Nicht wegen Robert Schumann (der ist erst wieder 2056 an der Reihe – 200. Todesjahr), sondern seiner Gattin Clara, die am 13. September 1819 und damit 200. Geburtstag feiern wird. Und weil in ihrer Geburtstadt Leipzig alles auf diesen Festtag ausgerichtet ist, konnte man gar nicht früh genug mit den unterschiedlichsten Geburtstagsaktionen beginnen. So ist für das Festjahr „Clara19“ schon im vergangenen Herbst die erste Vorstufe gezündet worden. Zusammen mit der Erfurter Bahn taufte die Tourismus-Abteilung von Leipzig einen Zug auf den Namen der Jubilarin. Und unter dem Titel „Claras Bouqet“ hat man eine Saatgut-Mischung kreiert, mit der die Leipziger Musik- und Blumenfreunde die Landeshauptstadt zum Blühen bringen sollen. Selbstverständlich gibt es für die einfallsreichsten Arrangements auch manche Preise zu gewinnen – etwa Karten für ein Konzert mit dem Gewandhausorchester.
Überhaupt konnte man jetzt bei der offiziellen Programmvorstellung von „Clara19“ mit prominenten Interpretennamen aufwarten. Neben Andris Nelsons und Antje Weithaas sind die Skride-Sisters genauso zu hören wie das Vogler Quartett und Cellistin Marie-Elsabeth Hecker. Natürlich darf aber Pianistin Ragna Schirmer nicht fehlen. Schließlich beschäftigt sie sich bereits seit vielen Jahren mit dem Schaffen Clara Schumanns, ob auf CD oder in Form eines Puppenspiels, bei dem Schirmer live zu hören war. In Leipzig nun erinnert Schirmer dementsprechend ausgiebig an die (längst wiederentdeckte) Komponistin und einst berühmte Pianistin. So gibt sie ein Konzert an sieben Flügeln, mit denen sie den Klang und den Klavierbau der Instrumente zu Clara Schumanns Zeit vorstellen will. Und am Todestag der Jubilarin, am 20. Mai, rekonstruiert sie mit dem Leipziger Symphonieorchester ein Konzert, das Clara Wieck (zukünftige Schumann) am 9. November 1835 hier gegeben hatte.
Auf immerhin 170 Veranstaltungen kommt das Leipziger Clara-Jahr. Wobei ihr nicht nur Konzerte, Ballette und Theaterproduktionen gewidmet sind. Auch die „Konflikte zwischen Gender, Beruf, Beziehung und Familie im Leben der Jubilarin“ werden da in Ausstellungen und auf Symposien behandelt. Und sicherlich wird dann auch ein Zitat von Franz Liszt heiß diskutiert, das sich auf der Festival-Seite findet und das unterm Strich eine vergiftete Verbeugung ist: „Keine glücklichere, keine harmonischere Vereinigung war in der Kunstwelt denkbar, als die des erfindenden Mannes mit der ausführenden Gattin, des die Idee repräsentierenden Komponisten mit der ihre Verwirklichung vertretenden Virtuosin.“

Guido Fischer



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