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N° 1354
20. - 26.04.2024

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am 27.04.2024



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Unterm Strich

Ramsch oder Referenz ? CDs, vom Schreibtisch geräumt.

Eine Flöte kann Wunder wirken gegen die Winterdepression. Noch besser: zwei Flöten. Wenn sich aber die beiden weltbesten Soloflötisten, András Adorján und Emmanuel Pahud, zusammentun, um miteinander Nachläufchen zu spielen, in ungetrübtem Dur, in weiten Intervallsprüngen und quecksilberperlenden Passagen sowie, um das Glück vollkommen zu machen, mit dem Liedbegleiterpianisten Jan Philip Schulze als Schiedsrichter, dann geht die Sonne auf! „Doppler Discoveries“ (Farao Classics) heißt diese CD, mit sieben traumhaft virtuosen und/oder sentimentalen Showpieces der Flötenbrüder Franz und Carl Doppler, darunter vier Ersteinspielungen. Beide Dopplers waren Gründungsmitglieder der Wiener Philharmoniker. Teils sind ihre Stücke in Gemeinschaftskomposition entstanden, viel Ungarisches groovt darin mit.

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Auch Ödön Rácz, amtierender Solobassist der Wiener Philharmoniker, stammt aus einer alten Musikerdynastie. Natürlich weiß er, wie alle Kontrabassisten, dass das Leichte besonders schwer zu machen ist, er hat mit der läppisch- luftigen Banda „Philharmonix“ schon einschlägige Erfahrungen gemacht. Jetzt stellt Rácz eine Originalkomposition für Kontrabass und großes Orchester von Nino Rota vor, die dem Solisten etwas mehr abfordert als nur Spaß am Sport (Deutsche Grammophon). Das schwarze Feuer der Melancholie in der langsamen Aria ist großes Kino! Dazu das unter Kontrabassisten weltberühmte „Gran Duo Concertante“ von Giovanni Bottesini, brillant gespielt in einer Fassung für Violine und Kontrabass, gemeinsam mit dem ersten Konzertmeister der Berliner Philharmoniker, Noah Bendix-Balgley: eine Köstlichkeit.

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Doppler-Fantasien oder Bottesini-Duos sind angewiesen auf wirklich gute, geistreiche Interpreten – andernfalls wird auch ein Leckerbissen schnell langweilig. Das könnte freilich einer Fantasie von Franz Schubert, beispielsweise der späten C-Dur-Fantasie D 934, die aus dem Nichts beginnt, in die Zukunft weist und mit den „Sey mir gegrüßt“-Variationen ans Innerste rührt, nicht passieren. Sie ist mehr als köstlich: Sie ist kostbar, unantastbar, unkaputtbar. Schubert überlebt auch Gesinnungsgeiger ohne Ton und Pianisten mit Pedalfuß. Zum Glück hat das junge, französische Trio Les Esprits weder das eine, noch das andere! Es trägt seinen (von Beethoven) inspirierten Namen zu Recht, gute Geister standen Pate beim vierten Album dieser drei jungen Musiker, einem Schubert-Doppelalbum mit den großen Klaviertrios in B-Dur und Es-Dur, der Arpeggione-Sonate D 821 sowie besagter C-Dur-Fantasie (Sony). Adam Laloum (Klavier), Mi-Sa Yang (Violine) und Victor Julien-Laferrière (Violoncello) spielen seit 2012 zusammen, sie atmen jede Phrase gemeinsam, denken im Tempo, formen und singen: spannungsgeladene Kammermusik, auf höchstem Niveau.

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In Karlsruhe, im Schloss Gottesaue, gibt es ein Nest für gute Musik. Viele große Künstler sind hier schon flügge geworden, der Paradiesvogel unter ihnen ist Tianwa Yang. Sie spielt die Geige mit großem Ton und glühender Seele, sie hat eine atemraubende Technik, die ihr alles möglich macht, Tiefsinn, Leichtigkeit und Eleganz. Nach einer Sarasate-Gesamtaufnahme hat Yang jetzt eine Gesamteinspielung der Violinkonzerte des Karlsruher Komponisten Wolfgang Rihm in der Pipeline. Volume 1 liegt schon vor, mit der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter Christoph-Mathias Mueller. (Naxos) Das jüngste Stück dieses Albums entstand 2014 als „Gedicht des Malers“ – das älteste von 1975 ist ein dichtes, starkes Jugendwerk: „Lichtzwang“, nach bzw. für Paul Celan. Wie oft in Rihms Musik kann man die schier haptische Beziehung zu den Schwesterkünsten mit den Ohren greifen. Überirdisch der süße Gesangskern, ab der elften Minute, nach dem Choral, bevor das Beil fällt.

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Eleonore Büning, 16.02.2019, RONDO Ausgabe 1 / 2019



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Der Komponist Giacomo Orefice (1865–1922) wuchs in einer jüdischen Familie im norditalienischen Vicenza auf und ist vor allem für sein Opernschaffen bekannt. Auch als Pädagoge macht er sich einen Namen, sein berühmtester Schüler war der Filmkomponist Nino Rota. Orefices bekanntestes Musiktheaterwerk ist „Chopin“, für das er die Klavierwerke des polnischen Komponisten orchestrierte. Seine eigene Klaviermusik umfasst überwiegend romantische Charakterstücke, die von Gedichten, […] mehr


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