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(c) Ray Tarantino
Ein Minimalist“, so bezeichnet sich Ludovico Einaudi gerne bescheiden selbst, wenn man ihn danach fragt, wie er sich und seine Musik einordnen würde. Ein mehrtägiger Zyklus wie „Seven Days Walking“ mutet da auf den ersten Blick wie ein Widerspruch an. Kennt man solche Dimensionen doch sonst eher von Gigantomanen wie Richard Wagner oder Karlheinz Stockhausen. Derartige Vergleiche wischt der Italiener aber schnell mit einem Lachen beiseite. „Nein, ich bin mir auch hier selber treu geblieben. Außerdem sind die sieben Alben mit einer Spielzeit von jeweils rund einer Stunde dann doch sehr kompakt und konzentriert.“
Die Inspiration zu diesem Mammut-Projekt, in dessen Verlauf Einaudis Fangemeinde schon seit Jahresbeginn im Monatsrhythmus ein neues Album präsentiert wurde, kam dem komponierenden Pianisten Anfang 2018. Bei einem Aufenthalt in den Alpen wanderte er eine Woche lang immer wieder denselben Weg entlang, wobei er in der täglichen Routine stets neue faszinierende Details in der verschneiten Landschaft wahrnahm. „Einmal kam ich dabei auch in einen Schneesturm, der alle Formen mit einem Mal verwischte. Das hatte etwas sehr Meditatives.“ Und so wie sich die Landschaft vor seinen Augen langsam, aber stetig wandelte, durchlaufen auch die Kompositionen des Sieben Tage-Projekts ihre ganz eigene Entwicklung. Einerseits einem großen übergeordneten Thema folgend, aber dennoch mit markanten Unterschieden. „Es fiel mir schon immer schwer, mich nach Aufnahmesitzungen für einen definitiven Take zu entscheiden. Denn meist hat jede Version ihre ganz eigene Dynamik und individuellen Qualitäten. So kam es dann zu der Idee, diesmal gleich sieben Alben zu veröffentlichen. Eine Art Zyklus mit Variationen, die sich je nach Kontext immer wieder verändern und anders wahrgenommen werden können.“
Die kleinen, aber feinen Unterschiede liegen dabei keineswegs nur in der Zusammenstellung der einzelnen Kompositionen, sondern auch in der Produktion der jeweiligen Alben. Denn während man den Großteil in den Londoner Air Studios und einer benachbarten Kirche verwirklichte, wurde Tag drei als Kontrast dazu im inspirierenden Ambiente von Schloss Elmau aufgezeichnet. Und auch der siebte und letzte Tag fällt aus der Reihe, da der Konzertflügel hier gegen das Klavier in der Privatwohnung gewechselt wurde. „Eine Interpretation ändert sich immer auch mit dem Raum, in dem man spielt. Und mir ging es gerade darum, diese unterschiedlichen Klangfarben zu erforschen und für jeden Tag die richtige Atmosphäre zu finden“. Diesem Prinzip folgend entschied sich Einaudi nach seinem großen Erfolgsalbum „Elements“ daher nun auch bewusst für das kleinere Format, verabschiedete sich von Orchester und Elektronik und holte sich lediglich Geiger Federico Mecozzi und Cellist Redi Hasa mit ins Boot. „Mit einem großen Orchester ist es deutlich schwerer, spontan zu sein. Aber wenn man in einer kleinen Besetzung arbeitet, kann man leichter aus dem Moment heraus Dinge ausprobieren und sich gemeinsam überraschen lassen, wohin einen die Musik trägt.“
Tobias Hell, 21.09.2019, RONDO Ausgabe 4 / 2019
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