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Kein Darmsaiten-Jünger: Statt auf die „Vorführung einer geschichtlichen Ausgrabung“, wie er die Ergebnisse der Historischen Aufführungspraxis empfand, setzte Karl Richter lieber auf den „schöpferischen Nachvollzug“. Virtuos schwungvoller Drive und bedrängend „romantische“ Expressivität, saft- und kraftvolle Klangfreude und intensive Klangpracht – mit diesen Markenzeichen setzte Richter so ab 1958 Maßstäbe, als er als 32-Jähriger mit Bachs „Matthäus-Passion“ bei der Archiv-Produktion der Deutschen Grammophon debütierte. Und auch sein oftmals fließender Dirigierstil, den er mit völlig eingefrorenen Gesichtszügen pflegte, war das genaue Gegenteil von der zackigen Attacke etwa eines Nikolaus Harnoncourt. Im Laufe auch seiner enorm produktiven Studioarbeit, die jetzt eine fulminante CD-Box dokumentiert, blieb Richter somit jener Espressivo-Künstler, der auch seinen langjährigen Bariton-Gefährten Dietrich Fischer-Dieskaus überraschte: „Nie konnten die genau Einstudierten sicher sein, ob sie nicht geheimnisvoll in ganz andere Ausdruckssphären und damit andere Tempi und Lautstärken geführt wurden, nicht wissend, wie ihnen geschah.“ Fischer-Dieskau gehört nun neben etwa Gundula Janowitz, Fritz Wunderlich und Peter Schreier zu den Edelstimmen in dem beachtlichen Kantaten- und Oratorien-Kosmos von Bach, den Richter mit seinem Münchner Bach-Orchester aufgenommen hat. Zudem lohnt sich das unbedingte Wiederhören mit dem Händel-Interpreten sowie dem Organisten und Cembalisten Richter, mit dessen Tod am 15. Februar 1981 eine Ära zu Ende gehen sollte.
Guido Fischer, RONDO Ausgabe 6 / 2020
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