home

N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Startseite · Medien · Kronjuwelen

Magazin

Schätze für den Plattenschrank

Bach-Vater

Kein Darmsaiten-Jünger: Statt auf die „Vorführung einer geschichtlichen Ausgrabung“, wie er die Ergebnisse der Historischen Aufführungspraxis empfand, setzte Karl Richter lieber auf den „schöpferischen Nachvollzug“. Virtuos schwungvoller Drive und bedrängend „romantische“ Expressivität, saft- und kraftvolle Klangfreude und intensive Klangpracht – mit diesen Markenzeichen setzte Richter so ab 1958 Maßstäbe, als er als 32-Jähriger mit Bachs „Matthäus-Passion“ bei der Archiv-Produktion der Deutschen Grammophon debütierte. Und auch sein oftmals fließender Dirigierstil, den er mit völlig eingefrorenen Gesichtszügen pflegte, war das genaue Gegenteil von der zackigen Attacke etwa eines Nikolaus Harnoncourt. Im Laufe auch seiner enorm produktiven Studioarbeit, die jetzt eine fulminante CD-Box dokumentiert, blieb Richter somit jener Espressivo-Künstler, der auch seinen langjährigen Bariton-Gefährten Dietrich Fischer-Dieskaus überraschte: „Nie konnten die genau Einstudierten sicher sein, ob sie nicht geheimnisvoll in ganz andere Ausdruckssphären und damit andere Tempi und Lautstärken geführt wurden, nicht wissend, wie ihnen geschah.“ Fischer-Dieskau gehört nun neben etwa Gundula Janowitz, Fritz Wunderlich und Peter Schreier zu den Edelstimmen in dem beachtlichen Kantaten- und Oratorien-Kosmos von Bach, den Richter mit seinem Münchner Bach-Orchester aufgenommen hat. Zudem lohnt sich das unbedingte Wiederhören mit dem Händel-Interpreten sowie dem Organisten und Cembalisten Richter, mit dessen Tod am 15. Februar 1981 eine Ära zu Ende gehen sollte.

Karl Richter: „Complete Recordings on Archiv Produktion and Deutsche Grammophon“, 97 CDs + 3 Blu-rays

DG/Universal

Als JPC- und Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen.

Guido Fischer, 19.12.2020, RONDO Ausgabe 6 / 2020



Kommentare

Kommentar posten

Für diesen Artikel gibt es noch keine Kommentare.


Das könnte Sie auch interessieren

Fanfare

Proben, Pleiten und Premieren: Höhepunkte in Oper und Konzert

Merkwürdige Werkwahl. Im zweiten Lockdown kam als Neuinszenierung an der Wiener Staatsoper im […]
zum Artikel

Pasticcio

Erinnerungskultur

2012 sorgte ein Parlamentarier der ungarischen, rechtsgerichteten Jobbik-Partei international für […]
zum Artikel

Zugabe

Namen, Nachrichten, Nettigkeiten: Neues von der Hinterbühne

Klarinettist Andreas Ottensamer (27), der als Unterwäsche-Model begann, hält sein Instrument für […]
zum Artikel


CD zum Sonntag

Ihre Wochenempfehlung der RONDO-Redaktion

Externer Inhalt - Spotify

An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.

Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.

Der Komponist Giacomo Orefice (1865–1922) wuchs in einer jüdischen Familie im norditalienischen Vicenza auf und ist vor allem für sein Opernschaffen bekannt. Auch als Pädagoge macht er sich einen Namen, sein berühmtester Schüler war der Filmkomponist Nino Rota. Orefices bekanntestes Musiktheaterwerk ist „Chopin“, für das er die Klavierwerke des polnischen Komponisten orchestrierte. Seine eigene Klaviermusik umfasst überwiegend romantische Charakterstücke, die von Gedichten, […] mehr


Abo

Top