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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Jahrhundertstimme: Mezzosopranistin Christa Ludwig † © Susesch Bayat/Deutsche Grammophon

Pasticcio

Zwei große Persönlichkeiten

Einmal angesprochen auf so manche Kolleginnen, die jenseits der Fünfzig einfach nicht von ihrer Profession loslassen können, kam es bei Christa Ludwig wie aus der Pistole geschossen: „Um Himmels willen, ich möchte gar nicht länger singen.“ Denn obwohl sie ihren Beruf liebte, gab es für die Mezzosopranistin durchaus einiges, was sie an ihm störte. Kaum Ferien hätte man. Und allzu kalte Getränke und vieles Reden würden sich schnell als Gift für die Stimme entpuppen. „Ich möchte ja auch einmal leben.“, so Ludwig schon 1968. Die gebürtige Berlinerin hatte da gerade ihren 40. Geburtstag gefeiert und schon so ziemlich alles erreicht. Doch wer damals befürchtet hatte, dass Christa Ludwig tatsächlich ein Jahrzehnt später in den Ruhestand gehen würde, um endlich das Leben in vollen Zügen zu genießen, der sah sich glücklicherweise eines Besseren belehrt. Ihren Abschied von der Opernbühne, auf der sie seit ihrem Debüt 1946 als Prinz Orlowsky in „Die Fledermaus“ in Frankfurt am Main in den nächsten knapp 50 Jahren Aufführungsgeschichte schreiben sollte, gab sie schließlich doch erst 1994. Als Klytämnestra in Strauss’ „Elektra“ an der Wiener Staatsoper und mit ihren 66 Jahren immer noch im Vollbesitz ihrer gerühmten, dramatischen Gefühlstöne. Und kurz zuvor kam das Wiener Publikum noch einmal in den Genuss der Liedersängerin Ludwig, die mit ihrem klangüppigen wie sinnlichen Mezzo- und Altregister zu einer Instanz geworden war. Ob nun beim Liedschaffen von Johannes Brahms, Hugo Wolf und vor allem von Gustav Mahler, zu dessen Musik sie nicht zuletzt dank ihres Superfans Leonard Bernstein („Sie ist einfach die Beste“) eine besondere Verbindung hatte. Am 24. April ist Christa Ludwig im stolzen Alter von 93 Jahren verstorben. Und zu ihren zahllosen diskographischen Highlights gehört auch die 1975 entstandene Aufnahme von Mahlers 2. Sinfonie (Decca/Universal), bei der am Pult der Wiener Philharmoniker nicht Lenny, aber dafür ein anderer Wahl-Wiener stand – Zubin Mehta.
Mit 18 Jahren hatte der sich vom fernen Indien auf nach Wien gemacht, um hier das Dirigentenhandwerk zu erlernen. Das war 1954. Und in jeder freien Minute sollte er sich mit seinem Kommilitonen Claudio Abbado in den Musikverein schleichen, um die Wiener Philharmoniker in den Proben mit Karajan, Karl Böhm und Bruno Walter hautnah mitzuerleben. Diese Schule hat er ihn als Musiker, aber vor allem als Menschen geprägt. „Meine wahre Herkunft habe ich erst an der immer noch schönen blauen Donau entdeckt“, so Mehta. Auch deshalb bezeichnet er sich gerne mal als ein „zufällig in Bombay geborener Wiener“. Doch nicht nur diese lebenslange Freundschaft mit den Philharmonikern ist bestens dokumentiert. Gleiches gilt für all die anderen Karriereabschnitte Mehtas – als er Chef der Los Angeles Philharmonic (1972-1978), der New Yorker Philharmoniker (1978-1991) sowie des Israel Philharmonic Orchestra (bis 2019) war. Einen Mitschnitt muss man aber nicht nur gehört, sondern gesehen haben. Zumal der Teamplayer Mehta diesmal als Kontrabassist auftrumpft. Es ist die berühmte Konzertaufnahme aus dem Jahr 1969 von Schuberts „Forellenquintett“, für das Mehta mit seinen Freunden Pinchas Zukerman, Itzhak Perlman, Daniel Barenboim sowie der unvergesslichen Jacqueline du Pré ein One-Million-Dollar-Ensemble bildete. Und gerade erst war es auch Barenboim, der am 29. April mit seiner Berliner Staatskapelle seinem alten Kumpel zum 85. Geburtstag gratuliert hat.

Guido Fischer



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