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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Startseite · Medien · Boulevard

Camille & Julie Berthollet (c) Simon Fowler

Boulevard

Ein Schuss Jazz, eine Prise Film, ein Löffel Leichtigkeit: Bunte Klassik

Alt und Neu

Bei Manchem aus der modernen Klassik hat man ja den Eindruck, der Blick ginge gar nicht nach vorne, sondern zurück. So im Fall von Arvo Pärt, der in seinen Werken fast mittelalterliche Konzentration auf kleinste Elemente pflegt, aber auch im Fall der Minimal Music, deren mikroskopische Gestaltungsprinzipien wie eine heutige Fortsetzung barocker Zahlenmystik anmutet. Wenn nun das Attacca Quartet Musik der Renaissance und Minimal kombiniert, spiegelt sich jedoch nicht unbedingt nur das Alte im Neuen und umgekehrt. Die kühle Distanz der Kompositionen von Pärt und Glass stehen im Kontrast expressiver Sätze wie dem Trauergesang „Flow my Tears“ von John Dowland oder „Weep, o Mine Eyes“ vom Dowland-Zeitgenossen John Bennet. In der Mitte des klug aufgebauten, von Pärts „Summa“ und „Fratres“ umrahmten Programms stehen sich als Protagonisten von Alt und Neu Glass (Streichquartett Nr. 3) und Allegri (Quartettversion des überzeitlich schönen „Miserere“) gegenüber.

„Of All Joys“

Attacca Quartet

Sony

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Leichtes und Schweres wird ­Familiäres

Dass sich Klassik-Künstler in ihren Programmen auf die musikalischen Traditionen ihrer Familie, auf ihre ersten Erfahrungen am Instrument oder ihre Kindheit allgemein besinnen, begegnet in letzter Zeit öfter. Nun hat Olga Scheps ein solches Album vorgelegt. Wahrscheinlich braucht es ein solches Konzept, um plausibel zu machen, warum die international gefeierte und vielfach preisgekrönte Pianistin statt großer Klassik auch mal Themen aus „Findet Nemo“, „Avatar“ oder „Toy Story“ aufnehmen will. Wie auch immer: Schiebt man die Idee hinter dem Album beiseite und lässt das Programm an sich vorüberziehen, bleibt ein schönes Recital mit besonderen Kabinettstückchen, die teils als wunderbare Zugabenpiècen durchgehen könnten, teils aber auch dafür wiederum „zu groß“ sind. So ist zum Beispiel die komplette 50. Haydn-Sonate dabei sowie – leicht, aber eben in ihrer Einfachheit große Meisterschaft verlangend – Mozarts „Sonata facile“. Hinzu kommt eine wirklich packende Interpretation von Beethovens virtuoser „Wut über den verlorenen Groschen“.

„Family“

Olga Scheps

Sony

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Weihnachtslieder auf dem ­Engelsinstrument

Die Assoziationskette vom Weihnachtsfest zur Harfe ist kurz. Umso sehr wundert es, warum es bisher so wenig rein mit Solo-Harfe besetzte Alben mit Weihnachtsliedern gibt. Nun hat Xavier de Maistre, sonst mit großem klassischem Repertoire für sein „Engelsinstrument“ unterwegs, diese Lücke gefüllt. Aber er präsentiert nicht, wie man vielleicht erwartet hätte, die beliebten Melodien nur in neuen Arrangements, sondern er gewährt auch mit diesem Album einen Blick in die Kiste vergessener Schätze der Harfenliteratur. So ist zum Beispiel eine Bearbeitung von Schuberts „Ave Maria“ von John Thomas dabei – einst offizieller Harfenist der englischen Königin Victoria. Weitere Größen, die als Arrangeure ihre Spuren auf dem Album hinterlassen haben, sind Alphonse Hasselmans, der mehrere Jahrzehnte am Pariser Konservatorium wirkte, und dessen Schüler Carlos Salzedo. Sie alle, aber auch Xavier de Maistre selbst und sein Kollege Alexander Boldachev als Bearbeiter tauchen Weihnachtslieder von „Oh Tannenbaum“ bis „Jingle Bells“, Auszüge aus Tschaikowskis „Nussknacker“ bis „Adeste Fideles“ in den feinen gläsernen, manchmal wie Eisregen klirrenden, dann wieder wie ein ferner Chor tönenden Harfenklang.

„Christmas Harp“

Xavier de Maistre

Sony

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Die Berthollets beim Film

Kommerzielle Casting Shows können auch klassische Karrieren fördern: Als 15-Jährige gewann Camille Berthollet bei der französischen Fernsehsendung „Prodiges“, nahm dann mit ihrer Schwester Julie ein mit Goldehren bedachtes Album auf, und seitdem sind die beiden als multikreatives musikalisches Doppelpack höchst erfolgreich – und das gleich mit insgesamt vier konzertreif gespielten Instrumenten! Nach vielseitigen Reisen durch reines Klassikrepertoire, aber auch andere Stilbereiche von Pop bis Chanson haben sie sich bei ihrem sechsten Album den Soundtrack-Melodien populärer Fernsehserien und Filmen verschrieben. In farbigen Arrangements und vom großen Orchester gestützt, ziehen die Themen aus „Downton Abbey“, „Game of Thrones“, „La La Land“, „Ziemlich beste Freunde“ und andere mit großer musikalischer Erzählkraft vorüber.

„Series“

mit Camille & Julie Berthollet, Orchestre national d’Île-de-France, van Thiel

Warner

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Oliver Buslau, 18.12.2021, RONDO Ausgabe 6 / 2021



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