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N° 1354
20. - 26.04.2024

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am 27.04.2024



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(c) Eric Richmond

Zugabe

Namen, Nachrichten, Nettigkeiten: Neues von der Hinterbühne

Tenor Ian Bostridge bewundert den Sänger Bob Dylan – und sieht ihn beinahe als so etwas wie ein Vorbild an. „Er hat mir den Mut gegeben, expressiver zu singen“, so Bostridge in seinem Haus in London. Sein Lieblings-Song sei „A Hard Rain’s A-Gonna Fall“.
Opernregisseur Damiano Michieletto hat ein positives Verhältnis zu Buhs. „Beim ersten Mal, als es mir passierte – in Pesaro – war ich überrascht.” Es gab wenige, aber furchtbar kräftige Buhs. „Was geschah? Ich bekam lauter Preise. Die Produktion wurde sogar weitergereicht.“ Man wisse als Künstler selbst, „ob man etwas gut gemacht hat oder nicht. Man sagt sich: Ich habe mein Bestes gegeben. So kommt man lebendig wieder von der Bühne herunter.“ Schlimmer als Buhs sei für ihn eindeutig falsches Lob. „Man denkt: ‚Ach, es war doch besser als befürchtet.‘“ Er finde „fast immer, dass nicht gut ist, was ich tue. Und ich meine: Solange man noch halbwegs bei Trost ist, ist das auch besser so.“
Dirigent Antonello Manacorda wundert sich nicht darüber, dass die Kammerakademie Potsdam, deren Chefdirigent er ist, zu 61% aus Musikerinnen besteht. „Die Frauen sind besser“, so Manacorda in Berlin. Er fände es zwar „wichtig, ein Paar Männer dazwischen zu haben. Das Problem besteht darin, sie zu finden.“ Dagegen sei der Anteil queerer Musiker im Orchester zwar höher als früher. Aber immer noch „deutlich niedriger als gesamtgesellschaftlich“.
Der polnische Bariton Mariusz Kwiecień, ein bedeutender Don Giovanni und Eugen Onegin, gab 2020 – mit nur 47 Jahren – seinen endgültigen Bühnen-Rückzug bekannt. „Vor 12 Jahren hatte ich meine erste Rücken-OP“, so Kwiecień rückblickend. „Der Nacken, die Wirbelsäule, die Knie, es war eine neverending Story“. Das Aus kam, als er 2019 an der Bayerischen Staatsoper als „Figaro“-Graf die Bühne betrat, und sein Knie „Knacks“ machte. „Ich konnte die Vorstellung halb zu Ende singen, musste aber abbrechen“, so Kwiecień. Die Geschichte ging in seinen Augen gut aus. Er ist heute Casting-Direktor an der Oper Wrocław.
Die lettische Organistin Iveta Apkalna behauptet, dass sie stets alle Töne spielt – obwohl die Indiskretion ihres Instruments jeden falschen Ton im Konzertsaal erbarmungslos hörbar macht. „Ich bin altmodisch”, so Apkalna zuhause in Berlin. Sie erinnere sich an ein Konzert mit Claudio Abbado. „‚Können Sie das nicht noch leiser spielen‘, fragte er mich an einer Stelle.“ ‚Eigentlich nicht‘, habe sie geantwortet. „Dann lassen Sie es doch ganz weg“, so Abbado zu Apkalna. „Ich spiele alles“, beharrt Apkalna. „Aber notfalls so, dass man die Fehler nicht merkt.“
Alte Musik-Dirigent Reinhard Goebel, Gründer der Musica Antiqua Köln und in diesem Jahr 70 Jahre alt, erblickt den Erfolg seines (2006 aufgelösten) Ensembles darin, dass man gerade kein Familienbetrieb war – wie fast alle anderen. „Wir waren Kollegen auf Augenhöhe“, so Goebel zuhause in seiner Geburtsstadt Siegen. Dagegen hätten es viele damalige Kollegen, so Harnoncourt, Leonhardt und Gardiner, anfangs nur „mit Hilfe ihrer Frauen geschafft“. Diese wirkten teilweise als Konzertmeisterinnen im Orchester. Er selber sei in seinem Ensemble auch eher der „Troublemaker“ gewesen. „Einen Kollegen gab es, der verteilte zur Beruhigung immer Schokolade“, so Goebel. Inzwischen hat er auch das Geigen aufgegeben. „Heute könnte ich eigentlich fast sagen: ‚I hate music, but I love to conduct.‘“
Sopranistin Marlis Petersen, die im selbstentworfenen Haus auf dem Peloponnes wohnt, sagt, dass Sie „wegen der Ägäis“ nach Griechenland gegangen ist. „Weil es das unfassbar schönste Meer ist, das ich kenne.“ Auf ihrem Grundstück baut sie auch eigene Oliven an. „Die Ernte ist gerade eingefahren“, so Petersen. Das ergebe 200 bis 300 Liter. „Auf meiner Homepage soll man das demnächst sogar bestellen können. Name: ‚Diva’s Elixir‘“. Auf die Nachfrage, ob sie sich tatsächlich als Diva sehe, antwortete Petersen: „Nur, wenn es um Olivenöl geht.“

Robert Fraunholzer, 05.03.2022, RONDO Ausgabe 1 / 2022



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