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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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(c) Manuela Theobald

Sarah O’Brien

Gegensätze ziehen sich an

Auf ihrem neuen Album verknüpft die Schweizer Harfenistin romantisches Kernrepertoire auf kreative Weise mit Moderne und Barock.

Aufgewachsen ist Sarah O’Brien in der Nähe von Basel, ihre familiären Wurzeln reichen aber bis nach Irland. Hat die traditionelle keltische Folklore ihre Liebe zur Harfe geweckt? „Mit dieser Musik bin ich sicherlich innerlich verbunden“, meint sie. „Zu meinem Instrument kam ich aber eher durch Zufall.“ Als Kind entdeckte sie in der Schweiz eine kleine Harfe und war von ihrem Klang fasziniert. Zunächst wollte sie Archäologin werden, entschied sich dann aber doch für ein Musikstudium. „Ich bin froh, dass dieser Berufswunsch für mich nicht von Anfang an feststand. Wenn man unterschiedliche Interessen entwickelt, erweitert sich der eigene Horizont.“
Als Solo-Harfenistin spielte O’Brien über 20 Jahre im Concertgebouw-Orchester Amsterdam und bei den Münchner Philharmonikern, bevor sie Professorin an den Musikhochschulen in Basel und Zürich wurde. Auch mit anderen namhaften Sinfonieorchestern und Dirigenten trat sie häufig auf. „Diese Zeit hat mich stark geprägt. Das ‚Klangbad‘ in einem großen Orchester, das Begleiten anderer Instrumente kann die Ohren weiter öffnen.“
Das hartnäckige Vorurteil, die Harfe sei ein typisches Fraueninstrument, hält sich bis heute. „Oft wird die Harfe spontan mit dem Bild eines Engels assoziiert“, weiß die Musikerin aus Erfahrung. Dabei seien bereits in der Zeit zwischen 1880 und den 1940er Jahren die berühmtesten Solisten Männer gewesen. Zu den bekanntesten Interpreten zählte der Spanier Nicanor Zabaleta, der bis 1992 konzertierte.
Auch bei der Repertoiresuche verlassen Harfenisten rasch die gewohnten Pfade. Bearbeitungen von Stücken, die ursprünglich für andere Instrumente geschrieben wurden, sorgen regelmäßig für Überraschungen. Sogar aus dem begrenzten Fundus der Originalkompositionen für Harfe ist noch so mancher verborgene Schatz zu heben.
Auf ihrem neuen Album „Impromptu“ sind erstaunlich viele originale Werke versammelt, die man so gut wie nie im Konzert erlebt. Die klangschönen Impromptus für die Harfe einzuspielen, war ein lang gehegter Wunsch. „Zugleich möchte ich hier möglichst viele Gegensätze zeigen“, verrät O’Brien. Die Stücke von Gabriel Fauré und Gabriel Pierné dürften dem Publikum noch am ehesten geläufig sein. „Von Joaquín Rodrigo kennt man aber vor allem das berühmte Gitarrenkonzert. Sein Harfen-Solostück oder die Kompositionen von Joseph Guy Marie Ropartz, der mit César Franck befreundet war, hört man nur selten.“
O’Brien entschied sich auch für die Harfensonate, die Paul Hindemith gemeinsam mit Clelia Gatti Aldrovandi schrieb. Die italienische Harfenistin arbeitete außerdem auch mit Nino Rota und Virgilio Mortari zusammen, die ebenfalls auf dem Album vertreten sind. Letztere griffen auf alte Tänze wie die Sarabande oder Gaillarde zurück. Mit eigenen Arrangements zweier Sonaten von Domenico Scarlatti, Suiten von Jean-Philippe Rameau und dem Cembalostück „Le tic-toc-choc“ von François Couperin verbindet die Künstlerin Moderne und Barock und erweitert das beliebte romantische Harfen-Kernrepertoire in alle Richtungen.

Neu erschienen:

Pierné, Cras, Couperin, Rameau, Rota, Glière u. a.

„Impromptu“

O’Brien

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Corina Kolbe, 03.09.2022, RONDO Ausgabe 4 / 2022



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